Endspurt im spanischen Wahlkampf

Kurz vor den Parlamentswahlen ist die Hauptfrage, ob die spanischen Sozialisten erneut die absolute Mehrheit erlangen werden / Opposition kämpft um die zahlreichen Unentschlossenen  ■  Aus Madrid Antje Bauer

Fast 30 Millionen spanische WählerInnen werden am kommenden Sonntag zu den Urnen gebeten, um 350 Kongreß- und 208 Senatsabgeordnete für das Zweikammerparlament neu zu besetzen. Niemand bezweifelt, daß dabei die regierende sozialistische Partei PSOE erneut die meisten Stimmen erlangen wird.

Doch zum ersten Mal seit der Regierungsübernahme der Sozialisten 1982 scheint die absolute Mehrheit nicht mehr garantiert. Wenn die mehr als 20 Prozent Wähler mobilisiert werden können, die eigentlich die Urnen nicht aufsuchen wollen, so das Kalkül der Opposition, könnte die PSOE zum ersten Mal gezwungen sein, die Macht zu teilen.

Zugute kommt der erwartet Stimmenverlust der Sozialisten sicher nicht der größten Oppositionspartei, der „Volkspartei“. Die mußte, als Anfang September Regierungschef Felipe Gonzalez die vorzeitige Einberufung von Neuwahlen bekanntgab, erstmal einen Spitzenkandidaten aus dem Hut zaubern. Daß der 38jährige Jose Maria Aznar, Regierungspräsident der Provinz Castilla y Leon und in nationaler Politik bislang unerfahren, eine ernsthafte Konkurrenz für Felipe Gonzalez darstellen könnte, glaubt niemand.

Auch für die Zentrumspartei CDS unter Ex-Präsident Adolfo Suarez ist kein bedeutender Aufschwung zu erwarten. Gewinner der PSOE-Stimmen wird die kommunistische Partei PCE unter Julio Anguita sein, die damit die Stimmen der Unzufriedenen einfängt, denen die Wirtschaftspolitik der Sozialisten zu neoliberal ist.

Nach dem Generalstreik im Dezember vergangenen Jahres hatte es geschienen, als ob die PSOE ihre Hegemonie verlieren würde, zumal kurz danach die Gespräche mit den Gewerkschaften um eine wirtschaftspolitische Wende gescheitert waren. Doch die PSOE hat die Konflikte - auch mit der sozialistischen Gewerkschaft - mit Erfolg ausgesessen und vertraut weiterhin darauf, daß in Spanien keine politische Alternative in Sicht ist. Die sozialistische Gewerkschaft UGT ruft - wie schon bei den Europawahlen - ihre Mitglieder nicht auf, ihre Stimmen der PSOE zu geben.

Die spanischen Grünen, die sich in einer Konföderation namens „Los Verdes - Lista Verde“ präsentieren und Mitglieder von Umweltgruppen in ihre Listen aufgenommen haben, hoffen, daß sie erstmals ins Parlament einziehen werden.

Der Wahlkampf selbst beschränkte sich angesichts mangelnder realistischer Programmalternativen der Opposition auf der Ebene von Beschimpfungen und Polemiken.