Senat zensiert Bremer Jugendarbeit

■ Senat will Jugendbildungs-Referentenstellen umverteilen / Deputation erhielt zweifelhafte Behördenvorlage

Wenn die Deputation für Jugendhilfe am Freitag über die Behördenvorlage zum Tagesordungspunkt „Förderung von Bildungsreferenten bei Jugendverbänden in Bremen“ zu beraten und entscheiden hat, dann wird damit auch über das derzeitige Niveau sozialdemokratischer Bildungspolitik zu Gericht gesessen. Denn was die Jugendbehörde unter Senator Scherf heute an Gütemaß

stäben für eine förderungswür

dige Jugendbildungsarbeit entwickelt, hätte gestern gestandenen Sozis noch die Schamesröte ins Gesicht getrieben. Der Abteilung Junge Menschen beim Senator für Jugend und Soziales ist es gelungen, die Qualität außerschulischer Jugendarbeit in Zahlen, Ergebnissen und Tabellen zu erfassen und eine Jahreshitparade der Jugendverbände zu erstellen.

Hauptkriterium: die angegebenen Teilnehmerzahlen der durchgeführten Bildungsmaßnahmen. Die Masse machts unabhängig von den stark divergierenden Strukturen der unterschiedlichen Verbände, unbeachtet des ehrenamtlichen Engagements, der jeweiligen Bildungstraditionen.

Derart gerüstet sollen die Deputierten eine Umverteilung der Bildungsreferentenstellen be

schließen, da der Senat für eine Aufstockung der entsprechenden Mittel weder Veranlassung noch Geld sieht. Konkret: Zur Abstimmung steht, der DAG-Jugend (Platz 12 der Top seventeen) und dem Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt (Rang 9) ihre einzigen Bildungsreferentenstellen zu streichen und sie dem Bund Deutscher Pfadfinder (Platz 8) und dem Bund der Pfadfinder (Nummer 4) zu überlassen. Für Manfred Fischer, seit acht Jahren Bildungsreferent bei der DAG-Jugend, eine katastrophale Perspektive. „Plötzlich ist die Arbeit, die man gemacht hat, nicht mehr förderungswürdig. Es gibt keinen Nachfolger, der meine Arbeit weitermachen könnte, da wird vieles zwangsläufig zusammenbrechen.“ Um einen Platz an der Sonne des Jugendbildungshaushaltes zu erwirtschaften, müßte Fischer die Arbeit der letzten zwei Jahre um 300 Prozent steigern, bei gleichem Etat wohlgemerkt.

Jugendring-Vorsitzender Axel Hillmann wertete gestern die Ergebnisse der behördlichen Hitparade als „politisch gewollt“. Genommen werden die Stellen denjenigen Verbänden, denen die Behörde abspricht, „originäre Jugendbildungsarbeit zu leisten“. Die SPD-Deputierten hätten darüber hinaus keinerlei „politische Anstrengungen erkennen lassen,

die notwendigen Mittel (zur Aufstockung des Etats, d. Red.) nicht spar-technologisch, sondern zusätzlich“ zu organisieren. Dennoch, so klang es durch, scheinen die JugendverbandsvertreterInnen vage Hoffnungen zu hegen, daß es gelingt, den Umverteilungsbeschluß am Freitag auszusetzen.

Von der morgigen Deputationssitzung erwartet die grüne Abgeordnete Helga Trüpel keine Ablehnung der Umverteilungs -Vorlage. Weil sich die SPD längst festgelegt habe, sei es jedoch notwendig geworden, bestimmte Minimalforderungen anzustreben. Angesichts auch der sozialpolitischen Bedeutung der Jugendarbeit in Zeiten wachsender Zuwandererströme und größerer Affinität zu rechtsextremen Denkmustern seien eine Mindestabsicherung für alle Verbände zu erreichen und die behördlichen Teilnehmer-Rechenspiele entschieden abzulehnen

-denn diese Art von Statistik „führt nicht zur weiteren Qualifizierung der Jugendbildungsarbeit“. An die Adresse der großen Verbände, an die Kirchen, die AWO, an DAG und DGB richtete Trüpel die Aufforderung, „ihre schönen Reden von der Bedeutung außerschulischer Jugendarbeit ernst “ zu nehmen und bereit zu sein, „dafür mehr Geld auszugeben.

Andreas Hoetzel