50 JAHRE DANACH - IM HERZEN EUROPAS

■ Eine künstlerische Begegnung zwischen jungen Deutschen und Polen

Das ist der Titel eines Projekts, mit dem Ulrich Roloff -Momin, Präsident der Hochschule der Künste, eine Alternative zu den obligatorischen Gedenkfeiern schaffen will. Anstatt den 50.Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen im Rahmen pflichtschuldig abgeleisteter Gedenkrituale zu zelebrieren, werden im gerade beginnenden Wintersemester polnische Künstler und Wissenschaftler mit Lehrern und Studenten in den verschiedenen Fachbereichen projektbezogen zusammenarbeiten. Die Arbeitsergebnisse werden dann in öffentlichen Präsentationen vorgestellt.

Mit dieser Form der gemeinsamen Auseinandersetzung soll, so Roloff-Momin, an die enge Verflechtung der polnischen und deutschen Kultur angeknüpft werden, die durch den Überfall und die Ausrottungspolitik der Nazis fast vergessen wurde. Ergebnis dieses Versuchs ist ein Programm von auf den ersten Blick verwirrender Fülle.

Da gibt es zum Beispiel neben einem Vortrag zur Korczak -Rezeption in Deutschland einen Jazz-workshop mit der polnischen Jazz-Sängerin Krystyna Pronko. Chorstudenten können sich bei dem Wroclawer Komponisten Dyzewski über die „ontischen Grundlagen der Improvisationskunst“ unterrichten und, eine Lesung klassischer und zeitgenössischer polnischer Literatur ist vorgesehen.

Ein bis heute weitestgehend tabuisierter Themenbereich wird vom Fachbereich Architektur bearbeitet, und zwar die nationalsozialistischen Vorstellungen zur Raum- und Stadtplanung in den damals sogenannten „eingegliederten Ostgebieten“. Da soll dann zum Beispiel das Konzept der „Wehrlandschaft“ analysiert werden oder auch die Stadtplanung in Warschau 1936 bis 1946. Neben dem von Gert Gröning veranstalteten Seminar kann man sechs Vorträge zum Thema besuchen.

Vom 26.Oktober bis zum 2.November finden in der Filmbühne am Steinplatz die polnischen Filmtage statt (das Programm liegt dort und in der HdK aus). Neben Filmklassikern und neuen Produktionen zeigt die Filmhochschule Lodz dort eine Retrospektive von Arbeiten aus dem Zeitraum 1948 bis 1989, darunter Kurzfilme von Wajda, Polanski, Zanussi und Kieslowski.

Bis zur Premiere der „Trauung“ von Witold Gombrowicz ist noch Zeit, sie findet am 3.Februar 1990 statt. Bis dahin wird Jerzy Jarocki, zur Zeit Professor an der Theaterhochschule Krakow, dieses Stück mit dem Studiengang Schauspiel der HdK proben. „Die Trauung“ handelt vom Traum eines polnischen Soldaten, der während des Zweiten Weltkrieges irgendwo in Frankreich gegen die Deutschen kämpft. Seit der Uraufführung im Jahr 1960 ist die Inszenierung der „Trauung“ zu einer der wichtigsten Produktionen des Regisseurs Jarocki geworden; die offizielle Kulturpolitik seines Landes konnte nicht umhin, ihn über die Jahre mit höchsten Auszeichnungen zu dekorieren.

Das Projekt „50Jahre danach - im Herzen Europas“ wird von Maria Krysztina Kawczak geleitet, Schirmherrin ist Barbara Riedmüller, Senatorin für Wissenschaft und Forschung.

I.E.

Ein 48seitiges Programmheft ist in der HdK-Pressestelle, 1/10, Ernst-Reuter-Platz10 (Tel.: 31 85-24 56) und auch in der Filmbühne am Steinplatz erhältlich.