SEL-Kollegen im ICC

■ In Berlin sollen 300 Arbeitsplätze beim Elektronik-Konzern SEL vernichtet werden / Berliner SEL-Werk wird seit Jahren systematisch vernachlässigt

Mitten in die Vorstandswahl der IG Metall platzte gestern eine Delegation aus den Betrieben des SEL-Konzerns, um Solidarität für ihren Kampf gegen die Vernichtung von Arbeitsplätzen einzuholen. Rund hundert KollegInnen aus Berlin, Nürnberg und Stuttgart strömten in den großen Saal des ICC, wo die Delegierten des IG-Metall-Gewerkschaftstages gerade in den letzten Wahlgang eintreten wollten. Auf mitgebrachten Transparenten forderten die SELer eine „Beschäftigungsgesellschaft statt Sozialplan“ und protestierten gegen die Pläne, rund 1.750 Arbeitsplätze bis zum nächsten Jahr abzubauen. Der Konzern geht dabei flächendeckend vor. In Berlin sollen 300 Arbeitsplätze dran glauben, aber in Stuttgart wird's haarig: 1.340 KollegInnen sollen dort ihren Arbeitsplatz räumen.

„Berlin, Stuttgart und Nürnberg gemeinsam gegen Arbeitsplatzabbau“ hieß es auf einem weiteren Transparent, wobei nicht umsonst die Städte Mannheim und Pforzheim ungenannt bleiben: dort soll die Produktion nämlich ausgeweitet werden, und die Solidarität an diesen Standorten läßt nach Auskunft eines Nürnberger Betriebsrats gegenüber der taz zu wünschen übrig.

Aber die Berliner, Stuttgarter und Nürnberger SELer haben sich vorgenommen, den Kampf auf jeden Fall gemeinsam zu führen. Die Betriebsräte in diesen Werken haben inzwischen alle Überstunden abgelehnt, und die Belegschaften nehmen ihr kollektives Informationsrecht bei den Betriebsräten außerordentlich lebhaft während der Arbeitszeit wahr. Information über die Pläne des Konzernvorstands ist auch dringend nötig. Denn von 250 Millionen, die das SEL -Management insgesamt einsparen will, sollen immerhin 150 Millionen auf Kosten der Belegschaft gehen. Das ist nach Einschätzung der Betriebsräte auch in Berlin nicht ohne Entlassungen möglich.

Das Berliner SEL-Werk ist in den letzten vier Jahren rapide um insgesamt 1.400 Arbeitsplätze zurückgestutzt worden. Erreicht wurde das durch massive Produktionsverlagerungen an andere Standorte. Während dort in modernste Maschinerie investiert wurde, entwickelte sich der Berliner Betrieb systematisch zur verlängerten Werkbank.

gs/marke