Schwarz gegen Orangegrünlilarot

■ „Batman“, ein Essayfilm

Thierry Chervel

Im Grunde ist Batman ein leiser Film, und die Welt darin ist gar nicht so einfach. Die Dialoge sind, gegen den Lärm von Gotham City, kaum zu verstehen, und wer gerade wen erschlägt, ist ebenfalls kaum auszumachen, weil die Figuren in der allgemeinen Düsternis ziemlich schattenhaft bleiben. Außer eben Joker, der sich nach seinem Sturz ins Chemikalienfaß mit lila Anzug, orangenem Hemd, blutroten Lippen und grünem Haar recht deutlich abhebt - der Teufel als Lichtgestalt.

Das ist das Vertrackte am Mythos: Batman ist der Kampf der rabenschwarzen, tiefbetrübten Wohlanständigkeit gegen das fröhliche und bunte Böse. „Ich bin dein Produkt, und du bist mein Produkt“, sagt Batman zu seinem Kontrahenten, ein Satz, für dessen raunende Bedeutsamkeit einer wie Joker natürlich nur Verachtung übrig haben kann. Er sagt: „Ich steh‘ auf der Sonnenseite des Lebens.“

Das Verhältnis von Gut und Böse in Batman erhellt aus deren Verhältnis zum Bild - zur Schönheit. Joker hat eines, Batman hat keines. Er zieht sich in die Kellergewölbe seines riesigen neogotischen Landhauses zurück, das er als Milliardärswaise Bruce Wayne bewohnt, hinter seine Videoschirme, von wo aus er - gravitätisch und streng auf die Sache konzentriert wie Beckenbauer am Spielfeldrand die Welt auf die Notwendigkeit seines Eingreifens hin beobachtet. Nichts ist darum unglaubhafter an dem Film, als daß Wayne-Batman von der Erscheinung der Vicki Vale (Kim Basinger) so wenig irritiert ist. Gleich nach dem ersten gemeinsamen Diner kann er umstandslos mit ihr ins Bett gehen: nicht eine Sekunde lange flackert das Bild der hingemetzelten Mutter auf und treibt ihn zur guten Tat zurück. Überhaupt - und darin bricht der Film mit dem Comic: Ihn, der stets nur das Gute will, interessiert die Schöne. Er macht ihr allerdings kein einziges Kompliment.

Joker dagegen: ein Ikonoklast. Er sucht die Schönheit, und sei es nur, um sie zu zerstören - vielleicht weil sie ihn von der eigenen Häßlichkeit nicht erlösen kann. Er zerschnippelt Fotos. Er entwirft spezielle Boxhandschuhe, mit denen er Fernsehgeräte zertrümmert. Er bringt Kosmetika auf den Markt, die nicht allein ein tödliches Gift enthalten, sondern im Tode, seinem Bilde gleich, ein fratzenhaftes Grinsen auf die Gesichter zaubern. Er geht ins Fluegelheim-Museum, malt Graffitti auf eine Mauer von De Chirico und läßt als einziges Kunstwerk der Sammlung ein Gemälde von Francis Bacon intakt. Joker will Künstler sein, „Künstler des Todes“. Erst dieser Ästhetizismus macht ihn in den Augen Batmans, der selbst funktional denkt und sich für Technik begeistern kann, vollends zum Verbrecher und Feind.

Daß man im Film mit Joker sympathisiert, ist nicht weiter erstaunlich - der Film selbst tut es, zum Beispiel, wenn Joker Batmans Hi Tech-Fledermaus-Flugmobil mit einer einfachen Pistole abknallt und zur kläglichen Bruchlandung zwingt. Erstaunlicher ist, daß auch Batman nicht unsympathisch ist - ein verklemmtes, einsames Reiche-Leute -Kind, mutterseelenallein mit dem treu ergebenen Butler, ein Brillenträger, der aus Trauer gute Werke tut und getunete Autos fährt, durchaus eine gebrochene Gestalt. Wirklich rührend ist er in der Szene, wo er Vicky Vale seine Doppelexistenz enthüllen will und sich verhaspelt.

Genau hier aber liegt die Schwäche des Films. Er ist nicht Fisch, nicht Fleisch. Er glaubt nicht an Batman - den amerikanischen Mythos der Selbstjustiz -, aber er zerstört ihn auch nicht. Scheißliberal, ergreift er weder für das Gute, noch für das Böse wirklich Partei. Das höhlt den Mythos von innen aus, raubt ihm die Spannung und macht ihm zum manchmal behäbig kreisenden Bilderkarussell mit Nicholson, grandiosen Bauten, großer Musik und Metropolis-Zitaten. Als Essayfilm ist Batman nicht radikal genug.

Thierry Chervel

Tim Burton: „Batman“, mit Jack Nicholson, Michael Keaton, Kim Basinger, USA 1989, 126 Min.