Thema verfehlt

■ Kohls Kampf gegen die Drogen ist nur ein Showeffekt

Kanzler Kohl hat die Rauschgiftkriminalität zur Chefsache erklärt - das läßt Schlimmes ahnen. Großartig kündigt er an, einerseits den Drogenabhängigen zu helfen und andererseits den internationalen Drahtziehern des Drogenschäftes das Handwerk zu legen. Seine Regierung setzt dabei vor allem auf repressive Maßnahmen. Der Fahndungsapparat des BKA soll in den nächsten vier Jahren um 389 Stellen aufgestockt und damit mehr als verdoppelt werden.

Die Suchtopfer, derzeit auf etwa 100.000 geschätzt, werden wieder einmal leer ausgehen. Familienministerin Lehr beteuert zwar, „keiner ist verloren“, aber in ganzen zehn Städten sollen Übergangseinrichtungen mit jeweils 20 (!) Therapieplätzen eingerichtet werden. Stigmatisiert werden die Süchtigen also auch künftig. Die Verdachtsspirale wird durch das undifferenzierte Tamtam eher gestärkt: rauschgiftsüchtig - kriminell - sozial verwahrlost Aidsdurchseucht - kurz: eine Gefahr für jeden anständigen bundesdeutschen Bürger. Eine liberalere Drogenpolitik, Substitutionsprogramme oder eine Entkriminalisierung der Süchtigen sind für Kohl kein Thema.

Auch die gesetzlichen Maßnahmen, die die Bundesregierung in den letzten Wochen medienwirksam auf den Markt der Möglichkeiten geworfen hat, sind zum Scheitern verurteilt. Vermögensstrafe, Gewinnabschöpfung, Verbot der Geldwäsche sind allesamt Regelungen, die in den Vereinigten Staaten seit Jahren eingeführt sind, ohne daß dort auch nur ein Gramm weniger Koks oder Heroin auf den Markt gekommen wäre. Ähnlich verhält es sich mit der vom Innenminister geforderten „intensiveren Fahndung“. Verdeckte Ermittler, Umkehr der Beweislast, Kronzeugenregelung - bekannte Mittel aus Reagans „Krieg gegen das Rauschgift“. Nur: Schon dort haben sie keinen durchschlagenden Erfolg gehabt.

Den wirklichen Nerv des organisierten Drogengeschäftes zu treffen, hieße in der Kosequenz die Aufgabe der Illegalität, die Freigabe der Drogen. Einzig die Illegalität ist es, die die Profitmaximierung im Drogengeschäft sichert. Allein für die Bundesrepublik werden die Nettoeinkünfte aus dem illegalen Geschäft mit jährlich 1,5 Milliarden Mark beziffert. Nicht inbegriffen sind die Erlöse bundesdeutscher Chemiemultis, die als weltweit größte Lieferanten die Drogenkartelle mit den chemischen Grundstoffen beliefern. Ausfuhrkontrollen für diese Chemakalien werden von zuständigen UNO-Behörden seit Jahren gefordert. Aber nicht einmal dazu hat sich die Bonner Regierung bisher durchringen können.

Wolfgang Gast