Atomforum propagiert nukleare Klimarettung

■ Tagung der Atomlobby in Bonn zu Schadstoffemissionen / Fossile Brennstoffe sind out, „saubere“ Atomkraft ist in

Bonn (taz/dpa) - Die Fachtagung des Deutschen Atomforums stand ganz im Zeichen der drohenden Klimakatastrophe und der „Neubewertung der Kernenergie“. Energiepolitiker und Wissenschaftler befaßten sich mit dem Treibhauseffekt und den Gefahren fossiler Brennstoffe. Die Verbrennung von Kohle, Öl und Holz, so der Tenor der Tagung, müßte weltweit verringert, der Einsatz der Atomenergie ausgebaut werden.

Josef Vogl, Referent des bayerischen Umweltministerium, stellte die Emissionen von Atom- und Kohlekraftwerken gegenüber. Dabei schnitten die Kohlekraftwerke nicht einfach nur schlechter ab, ihre Emissionen erschienen dem bayerischen Umweltmann aus ökologischer Sicht „mehr als 100.000fach höher zu bewerten“ als die Emissionen der AKWs. Auch Kohlekraftwerke würden - etwa in gleichem Umfang wie Atommeiler - Radioaktivität freisetzen, teilte Vogl der staunenden Atomzunft mit.

Tagungsleiter Hans Wolfgang Levi von der Münchner „Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung“ (GSF) bilanzierte die „Radioaktivabgaben“ der bundesdeutschen Atomkraftwerke mit durchweg positivem Ergebnis. Die sehr geringen Werte seien „in der Bundesrepublik heute kaum noch umstritten“. Nach den Zahlen der GSF ist die atomare Stromerzeugung auf das Vierfache gestiegen, die Abgabe radioaktiver Stoffe aber zugleich gesunken. Einziger Schwachpunkt der Atomenergie sei „die nicht ganz auszuschließende Gefahr sehr viel höherer Abgabewerte bei Störfällen“, womit Levi wohl Reaktorkatastrophen wie in Harrisburg und Tschernobyl meinte.

Levi kritisierte, daß die „großen Entwicklungsländer“ gar nicht daran dächten, die Nutzung fossiler Brennstoffe zu reduzieren. Damit werde die angestrebte Begrenzung von Kohlendioxidemissionen in der Bundesrepublik und anderen Industrieländern mehr als wett gemacht.

Der Hamburger Klimaforscher Hartmut Graßl wies auf die Widersprüche zwischen Energieprognosen einerseits und notwendiger Reduzierung der Treibhausgase hin. Auf der Weltenergiekonferenz in Montreal sei eine 50prozentige Steigerung des Weltenergieverbrauchs bis zum Jahre 2020 hochgerechnet worden. Die Klimakonferenz von Toronto habe aber schon bis zum Jahr 2005 eine 30prozentige Reduzierung von Kohlendioxid verlangt, das vor allem bei der Verbrennung fossiler Energieträger anfällt. Wie die drohende Energielücke geschlossen werden soll, das war auf den Gesichtern der versammelten Zuhörer deutlich zu lesen: mit der „sauberen Atomenergie“.

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