Berliner Krenzchen mit Mischnick

FDP-Fraktionschef überwältigt von Besuch bei Egon Krenz / Einzige harte Information: Honecker ließ Mischnick grüßen, Krenz läßt Kohl, Genscher und Weizsäcker Grüße ausrichten / „Über Geld spricht man nicht“  ■  Von Petra Bornhöft

Berlin (taz) - Rundum glücklich, doch überaus abstrakt äußerte sich der FDP-Fraktionschef Wolfgang Mischnick gestern über seine Audienz beim neuen DDR-Staatsoberhaupt Egon Krenz. Nicht den geringsten Zweifel an der Glaubwürdigkeit des SED-Chefs ließ Mischnick aufkommen. Der 68jährige Liberale vor Westberliner JournalistInnen wörtlich: „Ich habe den Eindruck, daß die Wende nicht nur verbal geäußert wird, sondern daß es Bemühungen gibt zu einer tatsächlichen Weiterentwicklung der Veränderung, insbesondere in Richtung mehr Pluralität.“

Als Beleg führte Mischnick den Hinweis von Krenz an, die DDR wolle die angekündigten Reiseerleichterungen „möglichst bis Jahresende einführen“. Jeder DDR-Staatsangehörige solle einen Reisepaß und ein Visum erhalten können. Auf die Frage, ob das Problem der Devisenknappheit und der fehlenden Konvertibilität der Ost-Mark angesprochen wurde, antwortete Mischnick: „Geld ist scheu wie ein Reh. Man spricht nicht drüber, bevor eine Lösung gefunden ist.“

Frohe Botschaft überbrachte Mischnick für die über Bonner Botschaften ausgereisten DDRlerInnen, die nur zum Teil aus der DDR-Staatsbürgerschaft entlassen wurden und bei einer Rückkehr möglicherweise mit Verfahren wegen „Republikflucht“ rechnen müssen. Krenz habe „klipp und klar zugesagt, die Rechtsungleichheit zu beseitigen“.

Als weiteren Vertrauensbeweis des DDR-Phönix wertete Mischnick Krenz‘ „Bereitschaft, den Dialog mit allen zu führen, die auf dem Boden der Verfassung stehen“. In Artikel 1 dieses Werkes hat die SED ihre führende Rolle festgeschrieben. Genau jenen Führungsanspruch greifen die Oppositionsgruppen an. Es blieb gestern unklar, ob diese Zusammenhänge Mischnick bekannt sind. Auf die Frage, ob bei dem Gespräch über die Legalisierung der Opposition geredet worden sei, wiederholte Mischnick die Formel vom „Dialog mit allen“.

Ob es um die „weitgehende Übereinstimmung in der Friedens und Sicherheitspolitik“ oder um die Ergebnisse der 135minütigen Charakterstudien ging - Mischnick fand nur Lobenswertes. Krenz sei ein „beweglicher, selbst- und zielbewußter Mann“, könne „zuhören und Gegenpositionen darlegen“.

Handfeste Informationen verteilte der FDP-Vize wenigstens in einem Punkt: Krenz habe ihm Grüße von Honecker ausrichten lassen - von Margot war wieder nicht die Rede. Umgekehrt trug der DDR-Chef Mischnick auf, Kohl, Genscher und Weizsäcker zu grüßen.

Davon und über Krenz‘ vage Pläne, sich irgendwann auch mal mit Kohl zu treffen oder wenigstens zu telefonieren, erfuhr der Kanzler wieder mal per Agenturmeldung.