Dagegenhalten

■ Für grüne Wahlkampfhilfe nach Nicaragua

Daß viele in der bundesdeutschen Linken aus China, Kambodscha oder Peru keine Konsequenzen gezogen haben, sei unbestritten. Doch zu denen braucht nicht zu gehören, wer heute den „Wahlkampf gegen rechts“ unterstützen will, den Nicaraguas Revolutionspartei FSLN führt. Gerade wer in den ersten Jahres des Contrakrieges nicht bereit war, die Zwangsumsiedlung der Miskitoindianer mit den „Bedingungen des Überlebenskampfes“ zu rechtfertigen, muß heute die Kehrtwende der FSLN anerkennen: hin zu einer Politik der multikulturellen Gesellschaft. Und wer Dogmatismus und Alleinvertretungsanspruch der FSLN schon damals kritisierte, der kann feststellen, daß bei den Sandinisten - anders als bei ihren kubanischen Freunden - das Denken der Perestroika Einzug gehalten hat.

Natürlich ist die FSLN weder eine basisdemokratische noch eine ökologische Partei. Aber sie repräsentiert - neben dem Sieg über die terroristische Contra - auch einen erstaunlichen Lernprozeß der Revolution, der längst noch nicht abgeschlossen ist. Die Frage ist, ob ihr Grüne und bundesdeutsche Linke als Partner eine Chance geben wollen. Nicaraguas Rechtskoalition hat schließlich längst ihre finanzkräftigen Partner von George Bush bis zur Konrad-Adenauer Stiftung.

Auch diejenigen unter den grünen Realos, die jetzt gegen den FSLN-Kredit ihrer Partei Sturm laufen, dürften wissen, daß grüne Außenpolitik in Lateinamerika nicht allein mit kleinen Ökologie- und Menschenrechtsguppen gemacht werden kann; und daß Nicaraguas FSLN in den letzten Jahren immer mehr zu einer Realopartei geworden ist (von weiter links wird sie längst „sozialdemokratisch“ geschimpft).

Wenn jetzt die bundesdeutschen Grünen mit ihrem Kredit für die Sandinisten - im übrigen nur ein Vorschuß auf eine Spendensammlung - den 3,5 Millionen Dollar aus dem Weißen Haus bescheidene 500.000 D-Mark entgegensetzen, dann unterschreiben sie damit weder das Wahlprogramm der FSLN noch geben sie zusammen mit dem Scheck ihr Recht auf Kritik und eine eigene Position ab.

Hier geht es nicht um zuviel Nähe oder etwas mehr Distanz, sondern um etwas anderes: ob sich die Grünen an einem Punkt aus der internationalen Politik verabschieden, während die Rechte, von Bush bis zur CDU, ihren Dollarregen dafür einsetzt, Nicaragua wieder zu einem ganz normalen lateinamerikanischen Land zu machen - so normal wie Bolivien oder Guatemala.

Michael Rediske