La Blamage nucleaire

■ Französische Atomstromer sitzen auf dem trockenen

Atomstrommangel in Frankreich? Das kann doch wohl nicht wahr sein. Seit Jahren zittern hierzulande Freund und Feind des Atoms, wenn auch aus unterschiedlichen Motiven, vor billigem Dumpingstrom von der andern Seite des Rheins. Doch die französischen Atomrambos sitzen unversehens auf dem trockenen, ihren Meilern mangelt das kühlende Naß.

Unter der Last seines gigantischen Schuldenbergs setzte der Staatsmonopolist „Electricite de France“ auf die ausländische Karte. Nach der Öffnung des EG-Binnenmarkts soll überschüssiger Atomstrom in großem Stil insbesondere in die Bundesrepublik fließen. Denn neben dem Schuldenberg häufen die französischen Atomiker - vorausgesetzt Meiler und Wetter machen mit - gegenwärtig gewaltige Stromkapazitäten auf, die sie im eigenen Land nicht loswerden können.

Kein AKW-Gegner hätte sich vor der Kulisse dieses Zukunftsszenarios Lehrreicheres ausdenken können als die aktuellen französischen Versorgungsengpässe. Lernen können vor allem jene industriellen Stromgroßverbraucher, die schon lange nach künftigen Billigangeboten aus Frankreich schielen. Ins Grübeln geraten vielleicht auch Politiker, die - wie der baden-württembergische Ministerpräsident Lothar Späth - die Stromversorgung ihres Landes bereits heute von der Zuverlässigkeit französischer Atomstromlieferungen abhängig machen. Ganz zu schweigen von den Energiekünstlern in der Schweiz, die ihre Alpentäler künftig mit atomstromgepumptem Wasser füllen wollen. Am Ende könnte ihnen sowohl der Strom als auch das Wasser abgehen. Umdenken sollten auch diejenigen, die uns eine explosionsartige Ausweitung der Atomstromkapazitäten als Heilmittel gegen die Klimakatastrophe andienen wollen. Selbst hundert AKWs am Rhein werden den Strombedarf nicht decken können, wenn der Strom nach Trockenperioden zum Rinnsal oder zur Thermalquelle mutiert.

Mit der Trockenheit dieses Sommers steigt den französischen Atomstrompropagandisten das Wasser endgültig bis zum Hals. Nach dem Zusammenbruch der nie richtig angelaufenen Brüterepoche, nach der damit verknüpften grandiosen Überdimensionierung der Wiederaufarbeitungskapazitäten in La Hague, nach stetig wachsenden Schuldenbergen erhält die EdF nun auch noch vor aller Öffentlichkeit die Quittung dafür, daß sie sich in eine beispiellose Abhängigkeit von der Atomenergie manövriert hat. Die französische blamage nucleaire wird weltweit Beachtung finden - hoffentlich.

Gerd Rosenkranz