Dumm und Volksverhetzend

■ Frankfurter Schandurteil, taz v.23.10.89, S.5

Ich finde die Reaktion der „Offiziellen“ und „Offiziösen“ auf das Urteil des Gerichts im Prozeß über die Äußerung „Soldaten sind potetielle Mörder“ beschämend dumm, außerdem volksverhetzend und volksverdummend-dieses Herren Stoltenberg und Genossen.

Natürlich sind sich viele Soldaten und Jugendliche nicht bewußt, können es garnicht sein bei der Rüstungs-und Militärpropaganda, die auf sie herabrieseln darf, wozu sie von kriegstreibenden Politikern vorbereitet werden: zum Mord an unschuldigen Menschen, ja im Zeichen der Masenvernichtungsmittel zum M a s s e n-mord an ihnen. Krieg ist eben immer auch Befehl zum Mord. Krieg ist kein strahlendes Heldentum, kann es gar nicht sein: Schon das Wort „Held“ sagt es aus, es leitet sich von „Heilen“ her, nicht von Töten und Zerstören.

Man muß es wohl selbst erlebt haben, was es heißt, auf einen anderen Menschen schießen zu müssen - auf Befehl! - , für den man keinerlei Feindschaft empfindet außer der befohlenen „Kriegsfeindschaft“. Wem das plötzlich bewußt wird, der tötet trotz aller Befehle nicht mehr, kann es nicht mehr, zum Mord ist er sich selbst zu gut. Denn er sieht ja, daß der Krieg nur entstand, weil törichte Politiker eine Wahnsinnspolitik betrieben haben, Politiker die unfähig sind zu friedlichem Ausgleich und menschlichem Gespräch. Und nicht nur sie allein: Ihr Tun wird begleitet vom Rat kriegslüsterner Militärs und dem Hurrapatriotismus auf der Straße, in Parlamenten und Journalisten.

Gustav-Wolter von Klot