Kein Dom von Kaisers Gnaden

■ 1200 Jahre Geschichte des Bremer Domes mit Vorträgen, Symposion, Ausstellung: Dom total

Was haben wir nicht alles schon gefeiert in diesem Jahr: 200 Jahre bürgerliche Revolution, 40 Jahre „Bondesrepublik“, drei Jahre taz Bremen... Kurz vor Jahreswechsel legt man in der Hansestadt jetzt noch eins drauf: der Dom wird 1200 Jahre alt.

Ein „Landeskirchliches Symposion“ veranstaltet die Vereinigung für Bremische Kirchengeschichte zum Jubiläum. Dompa

stor Ortwin Rudloff als Vorsitzender des Vereins hat dazu evangelische und katholische Landeskirchenhistoriker eingeladen. Vom 3.-5. November präsentieren und diskutieren etwa 100 Fachleute aus der Bundesrepublik, der DDR, Skandinavien und den Niederlanden Spezialthemen der Bremischen Kirchengeschichte.

Begleitend zu diesem Symposion hat das Dom-Museum eine Ausstellung vorbereitet, die die architektonischen Veränderungen des Doms im 19. Jahrhundert zum Schwerpunkt hat. Sein heutiges Erscheinungsbild ist maßgeblich das Ergebnis dieser Restaurierungsarbeiten, die unter der Ägide Franz Schüttes als Bauherrn und Max Salzmanns als dessen Architekten am Ende des letzten Jahrhunderts ausgeführt wurden. Die Neugestaltung der Westfront mit dem Eingangsportal und die beiden Türmen sind die auffälligsten Restaurationsobjekte, die ausnahmslos aus privaten Spenden und einer eigens gegründeten Stiftung („Domlandgesellschaft“) finanziert wurden.

Nachdem die lutherische Domgemeinde von dem Franzosen Napoleon Bonaparte die volle Religionsfreiheit zugesprochen bekam, begann man - zunächst behutsam, dann immer tiefgreifender - mit dem Umbau. Die Nordfassade, das Chorgestühl, erste Verglasungen und einen neuen Altar installierte die Gemeinde in der ersten Jahrhunderthälfte. Diese Arbeiten waren aber immer nur Stückwerk.

In guter österlicher Tradition wurde 1888 mit einer Geldkollekte begonnen, die über zwölf Jahre mit wechselndem Erfolg die knapp drei Millionen Mark für den tiefgreifensten Umbau einbrachte. 1889 war Baubeginn, 1901 wurde der erste Gottesdienst im „neuen“ Dom gefeiert.

Die Pläne des Architekten Salzmann orientierten sich zum Teil an einem Domgemälde aus dem Jahr 1532, das heute noch im Rathaus hängt. Seine Entwürfe und verschiedenen Umarbeitun

gen bilden das Kernstück der Ausstellung im Dom-Museum. Ergänzt werden sie durch alte Stiche und Photographien aus dem 19. Jahrhundert, die teilweise erstmals öffentlich zu sehen sind.

Unabhängig von der Sonderausstellung gibt es hier zusätzlich noch kirchengeschichtliche Raritäten zu sehen: die Mitra des Erzbischofs Bezelin, die vor 1043 entstanden sein muß, alte Gewänder, Handschuhstulpen, Stolen und und andere Textilfunde.

Die Restauration des Domes lag nicht in Kaisers Händen. An

ders als in Köln beispielsweise, wo Wilhelm I von Gottes Gnaden die Arbeiten bezahlt hatte, rühmten sich die Bremer immer ihrer weltlichen Unabhängigkeit. Trotzdem wurde der Dom zufällig zur Einweihung eines Kaiser-Wilhelm-Denkmals vor dem Rathaus fertiggestellt. Zufällig auch die Ähnlichkeit Karls des Großen als Kirchenstifter am Westportal des Doms: Er, der den Sachsen die Frömmigkeit mit dem Schwert eingebleut hatte, könnte der Zwillingbruder Wilhelms I. sein. mad