Spektakulärer Abgang beim 'Stern‘

Chefredakteur Herbert Riehl-Heyse wirft schon nach vier Monaten das Handtuch / Die Spekulationen über die „persönlichen Gründe“ blühen / Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht  ■  Aus Hamburg Axel Kintzinger

Das auflagenstärkste Wochenmagazin der Republik kriegt seine Probleme mit der Chefredaktion nicht in den Griff. Der erst seit vier Monaten amtierende 'Stern'-Chefredakteur Herbert Riehl-Heyse (49) hat jetzt das Handtuch geworfen. Er verläßt den Hamburger Verlag Gruner+Jahr schon zum Ende dieses Monats - aus „persönlichen Gründen“, wie es heißt. Näheres war nicht in Erfahrung zu bringen, und so blühen die Spekulationen: Hat es der überzeugte Bayer im hohen Norden nicht ausgehalten? Nach Angaben von Gruner+Jahr will er dem Haus künftig von München aus als freier Autor zur Verfügung stehen. Wer sein Nachfolger wird und ob es eine neue Konstruktion der 'Stern'-Chefredaktion geben wird, sei noch nicht entschieden.

Vor seinem Eintritt in die 'Stern'-Chefredaktion, die er zusammen mit Michael Jürgs leitete, arbeitete Riehl-Heyse als stellvertretender Chefredakteur und Chefreporter bei der 'Süddeutschen Zeitung‘. Wegen inhaltlicher Differenzen waren seine Vorgänger Heiner Bremer (jetzt beim Springer Verlag) und Klaus Liedtke (jetzt in anderer Funktion bei Gruner+Jahr) entlassen worden. Riehl-Heyses Benennung hatte strategische Gründe: 'Stern'-Herausgeber Rolf Schmidt-Holz will das Blatt seit Beginn seiner Tätigkeit im vergangenen Jahr vom schmuddeligen Illustriertenimage befreien und zu einem seriösen Magazin mit Illustriertenelementen weiterentwickeln - „weg von 'Quick‘, hin zu 'Spiegel'“, hieß im Frühsommer die Devise. Dafür schien der gestandene Politik-Journalist Riehl-Heyse der richtige Mann zu sein. Fast zeitgleich zu seiner Benennung hatte der 'Stern‘ mit einem leicht modifizierten, an die graphischen Elemente von Zeitgeist-Blättern erinnernden Layout auf vermeintliche Änderungen bei den Leserbedürfnissen reagiert. Neue Rubriken sowie ein deutlicher Ausbau der aktuellen Politik -Berichterstattung rundeten die Entwicklung des Blattes ab.

Trotz der Ausbaupläne von Schmidt-Holz muß der 'Stern‘ weiter darum kämpfen, nicht unter die Auflagengrenze von 1,4 Millionen Exemplaren zu rutschen. Dann drohen Verluste bei den Anzeigeneinnahmen. Derzeit gibt man sich jedoch noch zuversichtlich. Die meisten Unternehmen „können es sich nicht leisten, nicht beim 'Stern‘ zu inserieren“, meint Gruner+Jahr-Chef Helmut Schulte-Hillen.

Daß der 'Stern‘ beim Thema DDR zuletzt ins Hintertreffen geriet, kann der Chefredaktion nur bedingt angelastet werden: Bei der rasanten Entwicklung haben Wochenmagazine gegenüber der Tagespresse kaum eine Chance. 'Stern‘ und 'Spiegel‘ müssen sich ohnehin auf eine veränderte Rolle von Tageszeitungen einstellen. Aktuelle Hintergrundberichterstattung wird auch von diesen Medien zunehmend angeboten - und tritt somit in Konkurrenz zu den Wochenblättern.