Eklat im Kokainprozeß

■ Richter und Staatsanwaltschaft distanzierten sich von Erklärung der Innenbehörde / Hamburger Polizei hatte vorverurteilt

Hamburg (taz) - Mit einer schallenden Ohrfeige für den Hamburger Innensenator Werner Hackmann und seine Polizei begann gestern unter scharfen Sicherheitsbestimmungen vor dem Hamburger Landgericht ein Mammutprozeß gegen sieben mutmaßliche Kokainhändler aus Kolumbien und der BRD.

Noch vor Verlesung der Anklageschrift distanzierten sich Berufsrichter und Staatsanwaltschaft von einer Pressekonferenz der Innenbehörde am vergangenen Mittwoch. Unter dem Titel „Geplante internationale Rauschgiftorganisation zerschlagen“ hatte sie die Angeklagten kurzerhand als „führende Mitglieder“ des kolumbianischen Medellin- und Kali-Kartells tituliert.

Das Gros der Hamburger Presse fiel auf diesen polizeilichen Profilierungsversuch herein. „Europa-Zentrale der Drogenmafia zerschlagen“, schlagzeilte beispielsweise die 'Morgenpost‘. Kein Wunder: Innensenator Hackmann hatte die Angeklagten und weitere Täter beschuldigt, insgesamt 1,27 Tonnen Kokain nach Europa geschleust zu haben, doch durch den Einsatz verdeckter Ermittler habe das enttarnt werden können.

In der Anklage ist nun nur vom Handel mit 5,6 Kilogramm Koks die Rede, was übrigens durch das Geständnis von Zeugen und Verhafteten und nicht durch V-Leute aufflog. Stinksauer reagierte die Justiz auf Hackmanns Vorverurteilung.

„Ich halte es für unzulässig“, heißt es in einem Brief des Landgerichtspräsidenten an den Hamburger Justizsenator, „daß die Innenbehörde als Teil der Exekutive die Presse dazu einzusetzen versucht, Angeklagte, für welche die Unschuldsvermutung gilt, in aller Öffentlichkeit an den Pranger zu stellen.“

usche