SPD: Kein Pathos um Wiedervereinigung

■ Parteirat der SPD verabschiedete deutschlandpolitische Erklärung / „Einheit der Deutschen in Europa“

Bonn (dpa) - Das Selbstbestimmungsrecht der DDR-Bürger ist nach Auffassung der SPD das „entscheidende Recht zur Beantwortung der deutschen Frage“. Das sagte der SPD-Partei und Fraktionsvorsitzende Vogel am Dienstag nach der Verabschiedung einer deutschlandpolitischen Entschließung durch den Parteirat der SPD. Darin wenden sich die Sozialdemokraten gegen „ein Pathos der Wiedervereinigung“ und fordern einen „umfassenden deutsch-deutschen Dialog“. Sie strebten die „Einheit der Deutschen gemeinsam mit der Einheit Europas“ an.

Der Parteirat forderte die Führung der DDR auf, mit der Verwirklichung von Informations-, Meinungs- und Reisefreiheit zu beginnen. Dies seien ebenso Prüfsteine für den Reformprozeß wie der Verzicht der SED auf ihr Machtmonopol, sagte Vogel.

Die Chance, den DDR-Bürgern eine Perspektive zum Bleiben zu eröffnen, dürfe nicht an „vordergründigen finanziellen Argumenten“ scheitern. Im Interesse der Menschen in beiden Staaten müßten die Gespräche mit der DDR-Regierung und der SED fortgesetzt werden. Zur Ausstattung von DDR-Bürgern mit Devisen für West-Reisen solle der Erlös aus dem von der DDR erhobenen Zwangsumtausch herangezogen werden. Vogel und der Parteiratsvorsitzende Norbert Gansel unterstrichen, daß Forderungen nach Reformen nicht auf die DDR beschränkt seien. Auch die Bundesrepublik brauche Erneuerung. „Die Zwei -Drittel-Gesellschaft ist keine humane Alternative zur Herrschaft der Nomenklatura“, sagte Gansel. Umweltprobleme, Wohnungsnot und Arbeitslosigkeit erforderten ebenfalls neues Denken und neue Antworten.