Alle Jahre wieder Lorry

■ Red Lorry Yellow Lorry im neuen Gewande - Rock runder und weicher?

Das war mal wieder einer dieser Musikabende. Phonreich, klassisch dramaturgisiert und sehr kompakt. Am Anfang war der Mond. Das Berliner Trio Marquee Moon durfte im mittelmäßig besuchten Modernsten den Anheizer spielen. Ihren Versuch vergessen wir lieber ganz schnell. Der Gitarrist mit dem freien Oberkörper war viel zu fett, um ansehnlich zu sein, der Sänger/Bassist hatte seine Stimme nicht im Griff und der Drummer gab sich zu unflexibel, um Druck zu entfachen. Die Heavy-Rock-Gesten waren immerhin so laut, daß sie zum einen Ohr hinein... Wir kennen das.

Eine Pause, Reggae aus dem Lautsprecher und ein Bier zwischendurch. Dann das volle Programm: Nebel, was sonst, Scheinwerferbatterien hinter dem Schlagzeug, der bekannte Gitarensound vom letzten Jahr und knallende Beats. Chris Reeds (git) Stimme war wie immer unverwechselbar, kehlig ge

quetscht, aber sonor. So hatten wir sie in Erinnerung, die roten und gelben Lastwagen aus England, Red Lorry Yellow Lorry. Und dennoch schien etwas anders zu sein. Richtig, die vier Herren (Chill, dr; Adam Pearson, b; Dave Wolfenden, git; C.Reed) traten diesmal in lustigen T-shirts und Jeans auf. Kein düsteres Ambiente mehr, sondern song-orientiert wollten sie sich präsentieren. Nach Remmer Light und Camel Light also jetzt auch Lorry Light?

Zu Beginn schon. Die Gitarren waren längst nicht so aggressiv, wie gewohnt, alles klang runder und weicher. Sollte die Gitarrenmauer einer Hecke im Drum- und Bass-Wind gewichen sein? Ein Umdrehen zur Theke genügte, schon war die halbe Wirkung weg. Das Saitengekleister mit dem Schlagzeug -Gebolze driftete immer mehr Richtung Düster-Rock, begleitet von Reeds wunderbarem Stimmorgan.

Der Nebel wurde mehr und im folgenden bewiesen RLYL ein

drucksvoll, daß es Gitarren-Rock geben wird, solange es Gitarren gibt. Publikumswirksam, zeitlos und tanzbein -animierend. „See you again“, sagte Reed, das war's.

Wir wollen nicht undankbar sein. Ihr wart gut, Jungs. Ehrlich, grundsolide. Nächstes Jahr kommt ihr bestimmt wieder nach Bremen, das macht ihr ja regelmäßig. Vielleicht bringen wir dann auch unsere jüngeren Geschwister mit, die kennen euch noch nicht. Dann müßt ihr aber länger spielen als eine popelige Stunde. Cool J.F