Berechtigte Kritik

Der Senat darf die Bausünden der Sechziger nicht wiederholen  ■ K O M M E N T A R

Wohnungspolitik a la freies Unternehmertum: Der Senat finanziert Wohnungen mit einer Miete bis zwanzig Mark pro Quadratmeter. In die ziehen „westdeutsche Facharbeiter“ und entlasten den Berliner Wohnungsmarkt - so hätten sie es gerne. Der Zorn der Wohnungsunternehmer ist verständlich: Sie haben acht Jahre lang Grundstücke gehortet, gegen die Mietpreisbindung und für freifinanzierten Wohnungsbau statt Sozialwohnungen gekämpft - alles vergebens. Jetzt dürfen sie nicht mal mit Boykott drohen, sondern müssen zusehen, daß sie überhaupt noch was vom Kuchen abkriegen.

Trotzdem: grundlos ist die Kritik der Marktwirtschaftler nicht. Die Gemeinnützigen, die die meisten Wohnungen bauen sollen, sind schwerfällige Bürokratieapparate. Der dringend notwendige - Sozialwohnungsbau wird immer noch nach dem teuren System finanziert, das AL und SPD jahrelang kritisierten. Die Koalition versprach neue Wohnungsbaumodelle, Transparenz der Bürokratie und Beseitigung von Verfall und Leerstand. Bislang blieb das meiste davon Papier. Die Gefahr, mit alten Rezepten den wohnungspolitischen Schiffbruch der sechziger Jahre zu wiederholen, ist noch nicht gebannt.

Eva Schweitzer