Vorlauf: Eher zaghaft

■ Grenzen: "Nicht mehr Europa, und doch nicht Asien"

(Grenzen: „Nicht mehr Europa, und doch nicht Asien“, West 3, 20.15 Uhr) Wo äußere Grenzen fallen, müssen innere nicht unbedingt abgebaut sein. Dem Trennenden, das unsichtbar zwischen Menschen und Völkern steht, ist die neue Auslands -Sendereihe Grenzen des WDR auf der Spur. Der Start des Unternehmens zu einem Zeitpunkt, wo alle Welt über Mauern, Zäune und Barrieren nach Osten blickt, ist ein purer Zufall

-aber ein willkommener. Die Redaktion scheint den Nerv getroffen zu haben und fühlt sich in ihrem Bemühen bestätigt, eine neue Form zu finden für ein nicht sonderlich populäres Genre. Denn Grenzen soll die Beschränktheit der Auslandsberichterstattung sprengen und den totgelaufenen Vorgänger Globetrotter in kühner Perspektive übertreffen.

„Ein radikal subjektiver Ansatz ist erlaubt“, sagt die Redakteurin Sonia Mikicha und denkt dabei an filmische Essays, die die inneren, psychologischen Grenzen der Autoren reflektieren. So soll zum Beispiel Klaus Bednarz nach Israel reisen - in ein Land, das er noch nie besucht hat - und von dort berichten. Nicht mit der Kompetenz des Auslandskorrespondenten versehen, aber mit der Kritikfähigkeit und dem neugierigen Blick des Außenstehenden.

Mit großen Versprechungen der sowjetischen Regierung reiste Heidegret Klöter in den Ural, um der Auftaktsendung der Reihe eine kleine Sensation zu sichern. Zum ersten Mal durfte ein Filmteam an die Grenze zwischen Europa und Asien reisen und im Ural drehen, jener Waffenschmiede, die bisher nur Spionagesatelliten vor die Optik bekamen. Aber welche Enttäuschung! Das deutsche Team ist immer von einem Pulk Betreuer umringt, und die Dreherlaubnis beschränkt sich plötzlich auf das Gebiet von Swerdlowsk, dem früheren Jekaterinenburg.

Vordergründig schildert der Film das Lebens dies- und jenseits der geographischen Grenze, die Asien von Europa scheidet. Brautpaare posieren vor dem Grenzstein, reichen sich über die Grenzlinie die Hände und halten alles fürs Fotoalbum fest. Das ist es, was der Film zeigt. Spannender aber bleibt, warum er vieles nicht abbilden darf. Den knöcheltiefen Asbest-Staub zum Beispiel, zusammengefegt in der Fabrik einer Stadt, die doch tatsächlich den Namen der tödlichen Fasern trägt - Asbest. Heidegret Klöter thematisiert die Schranken, an die ihre Berichterstattung immer wieder stößt, eher zaghaft. Der radikal subjektive Blick - es scheint einfacher, ihn zu fordern, als ihn gegen äußere Zwänge durchzusetzen.

Christof Boy