Rotation in den grünen Landesverbänden: Wie es euch gefällt

Einen Rotationsbeschluß für die Bundespartei haben sich die Grünen 1986 vor der letzten Bundestagswahl in Hannover gegeben: Danach gilt eine Rotation nach einer Wahlperiode; ausgenommen wurden jene, die vorher nur zwei Jahre im Bundestag saßen. In der Praxis aber hat sich jeder Landesverband seine Regelung maßgeschneidert. Im Hinblick auf den Wahlmarathon im nächsten Jahr - neben der Bundestagswahl gibt es Landtagswahlen im Saarland, NRW, Niedersachsen, Bayern, Rheinland-Pfalz - werden einige Landesverbände die Rotationsreglung in nächster Zeit neu formulieren.

Gemein ist allen Landesbezirken, daß über die Rotation auf kommunaler Ebene stillschweigend hinweggegangen wird. Dort ist sie fast verschwunden; dies ist vor allem den Notwendigkeiten personeller Kontinuität und der dünnen Personaldecke dr Grünen geschuldet. Selbst in Städten wie Berlin mit einer zahlreichen Mitgliedschaft werden händeringend Leute für das mühselige und undankbare Geschäft in den Bezirksparlamenten gesucht. Der nachfolgende Überblick konzentriert sich deshalb auf die Rotationsregelung für die Landtage und den Bundestag:

-Baden-Württemberg: Die geltende Beschlußlage sieht eine Amtsperiode für Bundestag und Landtag vor; was darüber hinaus geschehen soll, ist nach Darstellung der Landesgeschäftsführerin Inge Leffhalm nicht definiert. In einzelnen Kreisverbänden gibt es zusätzlich eine an ein Quorum gebundene Ausnahmereglung für den Landtag. Sie setzt eine Zustimmung von zwei Dritteln bis drei Vierteln aller Delegierten voraus. Der Landtagsabgeordnete Rezzo Schlauch gelangte allerdings in den Stuttgarter Landtag, obwohl er das in seinem Bezirk geltende 75-Prozent-Quorum nicht erreichte. Der ehemalige Daimler-Arbeiter Willi Hoss und Ursula Eid sind bereits zweimal im Bundestag.

-Bayern: Seit 1986 existiert der Beschluß der Landesversammlung, daß Bundestagsabgeordnete nach einer Wahlperiode rotieren sollen. Für das Landesparlament, in welchem die Grünen erst seit 1986 sitzen, hat die von den Landesdelegierten gewünschte Begrenzung auf eine Amtsperiode nur „Empfehlungscharakter“, weil die Bezirke ihre Kandidaten autonom aufstellen. Änderungen sind zu erwarten, denn die Landesversammlung wird am kommenden Wochenende in Regensburg über die Rotation beraten. Petra Kelly und Wolfgang Daniels sind zum zweiten Mal dabei.

-Hessen: Bereits im Juni 1986 wurde die völlige Abschaffung der Rotation beschlossen, weil sie sich „nicht bewährt“ habe, wie es damals hieß. Der Abgeordnete Hubert Kleinert ist bereits zwei Wahlperioden im Bundestag; eine dritte Kandidatur wird erwartet.

-Saarland: Am letzten Wochenende haben die Landesdelegierten für den Landtag - in dem die Grünen bislang außen vor sind - eine Rotation nach einer Wahlperiode von fünf Jahren beschlossen. Ausnahmen wurden nicht formuliert. Für den Bundestagswahlkampf soll nach Angaben des Grünen-Sprechers Uwe Grieger eine Regelung noch gesondert diskutiert werden.

-Rheinland-Pfalz: Rotiert werden soll sowohl im Landes- als auch Bundesparlament nach einer Wahlperiode; eine unmittelbare Wiederkandidatur - also zum Beispiel ein Wechsel vom Landtag in den Bundestag - wird ausgeschlossen. Anfang Dezember steht dieser Beschluß auf der Landesdelegiertenversammlung allerdings zur Debatte; wohl auch, weil nahezu alle Landtagsabgeordneten erneut kandidieren wollen.

-Nordrhein-Westfalen: Seit dem letzten Wochenende gilt in Hinblick auf die Landtagswahl im Frühjahr 1990 eine Mandatsbegrenzung auf maximal zwei Wahlperioden, was auch für Umsteiger gilt. Eine Ausnahmeregelung für eine dritte Wahlperiode wurde von den Delegierten abgelehnt. Darüberhinaus müssen für den Landtag wie auch den Bundestag mindestens fünfzig Prozent „Neulinge“ nominiert werden. Zweimal im Bundestag sind Otto Schily, Ludger Volmer, Eckhard Stratmann sowie Christa Nickels und Antje Vollmer. Die beiden Frauen hatten bereits angekündigt, nicht mehr kandidieren zu wollen.

-Niedersachsen: Im „Grundsatz“ schlägt die Rotation nach einer Wahlperiode zu, wurde im April in Hinblick auf die Landtagswahl im Mai 1990 beschlossen. Als Ausnahme kann von der Landesversammlung eine zweimalige Amtsperiode gewährt werden, egal ob auf Landes- oder Bundesebene. Nach jedem Parlamentseinsatz muß eine ebenso lange mandatslose Zeit folgen. Hintertür: Weitergmacht werden darf mit 70 Prozent Zustimmung. Waltraud Schoppe sitzt bereits zum zweiten Mal im Bundestag.

-Schleswig-Holstein: Für den Bundestag gilt seit 1986 eine vierjährige Amtszeit ohne die Möglichkeit der Verlängerung. Für den Landtag - in dem die Grünen freilich nicht vertreten sind - ist eine zweijährige Amtszeit verabschiedet worden.

-Hamburg: Für die Bürgerschaft wie für den Bundestag gilt die Zwei-Jahres-Rotation ohne Wenn und Aber - noch, denn Ende November steht die Frage auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung. Erwartet wird eine generelle Verlängerung der Amtszeit auf eine Wahlperiode.

-Berlin: Bislang entsandte die Alternative Liste ihre Abgeordneten für zwei Jahre in den Bundestag. Vor der letzten Abgeordentenhaus-Wahl wurde eine Begrenzung auf vier Jahre für alle Ebenen beschlossen; auch ein Umsteigen von kommunaler Verwaltung auf Landesebene oder den Bundestag wird ausgeschlossen.

-Bremen: Grundsätzlich wurde lediglich eine Ablehnung der Zwei-Jahres-Rotation formuliert und Obergrenzen nicht präzise festgelegt. Die einzige Bundestagsabgeordente Marieluise Beck-Oberdorf ist bereits die zweite Periode im Bundestag.

gn