: Trauerzug in El Salvador
Tausende hielten Totenwache / Arbeiterverband rief zu einem Generalstreik auf / FMLN reagiert mit Angriff auf Militärquartier ■ Aus Managua Ralf Leonhard
Vor den Särgen der zehn bei einem Bombenattentat am Dienstag getöteten Gewerkschafter hielten gestern nacht Tausende Salvadorianer eine Trauerwache. Vom völlig zerstörten Lokal des Gewerkschaftsbundes „Fenastras“, wo die Leichen ursprünglich aufgebahrt waren, zog Mittwoch nachmittag ein Protestmarsch zum nahegelegenen Platz vor der Kathedrale. Unter den Trauernden fanden sich auch jene, die dem Aufruf des Arbeiterdachverbandes UNTS zu einem 24stündigen Generalstreik gefolgt waren. Das für Mittwoch vorgesehene Begräbnis war um einen Tag verschoben worden, um VertreterInnen zahlreicher internationaler Organisationen Geglegenheit zur Teilnahme zu geben.
„Während Präsident Cristiani den Hinterbliebenen Blumen offeriert, vollzieht die Regierung einen Plan zur Ausrottung der Arbeiterbewegung“, fürchtet Julio Cesar Portillo, einer der Anführer der UNTS, der „Nationalen Union der Salvadorianischen Arbeiter“. Prominentestes Opfer des Bombenanschlags ist die 35jährige UNTS-Führerin Febe Velasquez, die drei kleine Kinder hinterläßt.
„Wir Arbeiter erklären der Regierung den Krieg“, verkündete der UNTS-Sprecher Humberto Centeno, als er zu einem Generalstreik aufrief. Gleichzeitig forderte die UNTS den sofortigen Rücktritt von Coronel Rene Emilio Ponce, dem Chef des salvadorianischen Generalstabs als Verantwortlicher für das Massaker vom Dienstag.
Oberst Elena Fuentes, Kommandant der für die Hauptstadt zuständigen 1. Infanteriebrigade, wollte in einer ersten Stellungnahme interne Auseinandersetzungen in der FMLN für die Bluttat verantwortlich machen. Mario Aguinada von der Linkspartei UDN vermutet, daß der Offizier damit von seiner eigenen Verantwortung ablenken wolle. Die 1. Infanteriebrigade hat sich auf die Bekämpfung der zivilen Sympathisanten der Befreiungsbewegung spezialisiert.
Die FMLN rief die Bevölkerung über den Untergrundsender „Radio Venceremos“ nach dem Attentat zur Selbstverteidigung auf, „denn der Anschlag legitimiert den bewaffneten Kampf“. Mutmaßliche Stadtkommandos der FMLN haben am Mittwoch das Quartier der 1. Infanteriebrigade mit Granatwerfern angegriffen. Das Militär machte keine Angabe über tote Soldaten.
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