Naturschutzgesetz auf Eis gelegt?

■ Das Kabinett hat für Töpfers Herzensanliegen keinen Termin mehr frei / Fischer: Der Fall auf die berühmte Schnauze

Bonn (taz) - Das geplante neue Naturschutzgesetz wird vermutlich für diese Legislaturperiode ganz auf Eis gelegt. Das Gesetz müßte noch bis zum Jahresende auf den Weg gebracht werden, wenn es bis nächsten Sommer verabschiedet werden soll. Wie 'dpa‘ erfuhr, gibt es bisher im Kabinett keinen Termin für den von Umweltminister Töpfer ausgearbeiteten Gesetzentwurf. Offenbar weigert sich vor allem Finanzminister Waigel (CSU) die Geldmittel bereitzustellen, die den Landwirten als Ausgleich für eine umweltgerechte Bewirtschaftung gezahlt werden sollen. Töpfer hatte das Naturschutzgesetz zu seinem persönlichen Anliegen gemacht und mehrfach versichert, daß sein Gesetzentwurf trotz des Widerstandes der Landwirtschafts- und Jägerlobby durchkommen werde.

Der umweltpolitische Sprecher der SPD, Michael Müller, warf Töpfer gestern vor, ausgerechnet bei seinem Leib- und Magenthema kein Rückgrat zu zeigen. Bei allen Konflikten im Kabinett sei Töpfer bisher unterlegen. „Und wer jetzt immer noch so tut, als sei er der größte Umweltschützer, der ist fehl am Platz“, sagte Müller zur taz.

Der frühere hessische Umweltminister Joschka Fischer stellte trocken Töpfers „erwarteten Fall auf die berühmte Schnauze“ fest. Der Minister werde von seinem Kanzler förmlich zum Rücktritt geschoben. An die grüne Bundestagsfraktion richtete Fischer die dringende Bitte, sie möge endlich aus ihrem „Schnarchschlaf erwachen und einen Entlassungsantrag für Töpfer einreichen“.

Der Deutsche Heimatbund wies daraufhin, daß die für das Gesetz notwendigen 120 Millionen Mark ganze 0,04 Prozent des Bundeshaushalts ausmachten. Das alarmierende Artensterben, der anhaltend hohe Landschaftsverbrauch und der dringend notwendige Biotopschutz erforderten ein sofortiges Handeln in Bonn.

FDP-Vize Gerhart Baum forderte Kanzler Kohl auf, den Naturschutz endlich zur Chefsache zu machen. Das Gesetz sei längst überfällig.

-man