Für Käfer Bäume fällen?

■ Das Gartenbauamt Neukölln macht ein Ökotop kaputt, um ein Neues zu installieren / Eine Streitschrift gegen geordnete, künstliche Ökologie

Im Jahnpark in Neukölln (Volkspark Hasenheide) beginnen in dieser Woche umfangreiche Rodungen. Insgesamt sollen 70 Bäume gefällt werden, um eine neue „ökologische Umgestaltung“ zu vollziehen. Auf dem Streifen zwischen der Häuserfront an der Hasenheide und dem Tiergehege will man neue Büsche und Stauden anpflanzen, Reisighaufen errichten, Baumstämme verfaulen lassen. Man hat die Hoffnung, daß sich hier Käfer, Igel und Bodenbrüter ansiedeln werden. Bisher haben an dieser Stelle hauptsächlich Bäume und ein paar Büsche gestanden. Diese Bäume sind einer geplanten Neubepflanzung nun im Weg. Um mehr Licht für die neuen Pflanzen zu schaffen, werden nun 25 Prozent von ihnen umgelegt.

Das Gartenbauamt hat dafür eine ökologisch gemeinte Erklärung. „Das Ganze ist ein Experiment und wir wissen noch nicht, ob es gelingt“, sagt Herr Kahnert. Bisher hat es an dieser Stelle einen „wilden Weg“ von den Besuchern gegeben. „Diese Maßnahme soll verhindern, daß die Leute wieder einen Trampelpfad anlegen“, sagt sein Kollege Witte. Das sollen die kreuz- und quergelegten Baumstämme verhindern.

Auf Ökologisch hört sich das folgendermaßen an: der Bezirksstadtrat Branoner bittet „alle Besucher des Volksparks Hasenheide ... darauf zu achten, daß diese Fläche nicht betreten wird, damit sie sich ungestört entwickeln kann.“

Was ist denn nun der Grund für diese „ökologische Umgestaltung“, die jedem ökologisch orientierten Parkbesucher eine Gänsehaut beschert? Die „erzieherische Maßnahme“ oder ein wirkliches Interesse an einem neuen Ökotop mit Käfern, Igeln und anderen Kleintieren? Es sei die Frage gestattet, warum gerade auf der Stelle eines schon bestehenden Ökotops ein neues angelegt werden soll, freie Rasenflächen gibt es genug. Ist irgendwo ein Trampelpfad von den Besuchern angelegt worden, ist das eher ein Anzeichen für einen gartengestalterischen Fehler und sollte deshalb vornehmlich als eine Aufforderung für die Anlage eines Weges verstanden werden, und nicht zu pädagogischen Trotzmaßnahmen führen, wie beispielsweise Baumstämme in den Weg zu legen. Für ein neues Ökotop mit Reisighaufen braucht man keine neuen Bäume zu fällen. Es gibt ohnehin unwegsames Gelände im Park genug. Wollte man wirklich Unterschlupfmöglichkeiten für Igel, Käfer und Vögel schaffen, brauchte man auf diese Buschflächen nur Reisighaufen zu errichten. Auch neues Buschwerk braucht der Jahnpark nicht. Es gibt soviele Büsche dort, daß sie im letzten Jahr erst in großen Mengen umgelegt wurden. Um für Käfer und Pilze ein Biotop an einem faulenden Baumstamm entstehen zu lassen, ist es nicht notwendig, Bäume neu zu roden. Es werden ohnehin jährlich viele Bäume im Jahnpark umgelegt, zuletzt zwei ganz gesunde Pappeln, so daß genug „alte“ Baumstämme vorhanden sind. Es ist absurd: überall wird mit Recht über sterbende Bäume gejammert. Noch gesunde hackt man ab. Schade um die Bäume.

Ulrich Tigges