Nonn apart: Dreggerismus

■ Der tapfere kalte Krieger spannt den Bogen zwischen Mitte und Peripherie - so gut er es eben versteht

Bonn (taz) - Wer hat keine Angst vor einer Wiedervereinigung? Der/die hat Alfred Dreggers Gastkommentar, gesendet vom Rias am Donnerstag, wahrscheinlich nicht gehört. Da äußerte der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu einem „vereinten Deutschland“ unter anderem: “...wird seine Wirtschaftskraft groß sein.“ Daß dieses Gebilde friedlich bliebe, scheint Dregger als ein Comment für den guten Verlierer zu betrachten, der seine Niederlage zwar bedauern darf, aber dennoch anzunehmen hat: „Und schließlich: der Platz in der Mitte ist der Platz zwischen den Stühlen, wenn die Mitte nicht stärker ist als die Peripherie. Daß die deutsche Mitte in Europa nicht stärker ist als ihre Peripherie, haben wir in zwei Weltkriegen erfahren müssen.“

Wie war das doch gleich? Beamten sind Diener des Staates... Nein! Der Staat dient den Beamten... Falsch! Fast alle Beamten dienen, ein paar seiner Beamten dient sich der Staat an... So ungefähr. Ungefähr eine Million Mark Prozeßkostenhilfe gewährte die Bundesregierung den ehemaligen Ministern Lambsdorff und Fridrichs, die wegen Bestechlichkeit und Steuerhinterziehung vor dem Kadi standen. 6469,42Mark Verteidigerhonarar verweigerte sie einem Zollbetriebsinspektor aus Duisburg, gegen den dieselben Anklagen erhoben worden waren, der außerdem - im Gegensatz zu den Herren Minister - von allen Vorwürfen freigesprochen wurde. Weshalb die Ungleichbehandlung? Die Antworten der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen gibt keinen Aufschluß - und ist vielsagend: Der Zollbetriebsinspektor sei kein „besonders begründeter Fall“ gewesen, es habe kein „dienstliches Interesse an einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung“ bestanden. Außerdem richtet sich nach Ansicht der Bundesregierung „die Rechtsschutzgewährung regelmäßig nach den Umständen des Einzelfalles“, außerdem entziehe „sich diese Frage einer weitgehenden Typisierung...“

„Keinen Anlaß“ sieht man denn auch zu dieser Frage: „Wie will die Bundesregierung den möglicherweise entstehenden Eindruck begegnen, daß die Bundesregierung ihre „kleinen, gewöhnlichen Beamten ohne entsprechenden Schutz im Regen stehen läßt, während ein Minister sogar nachweislich eine Straftat begehen und trotzdem der schützenden Hand der übrigen Minister, also der Bundesregierung und damit der öffentlichen Hand sicher sein kann?“

Ferdos Forudastan