Wiederaufarbeitung ade

■ Grüne: Die Stromkonzerne der Bundesrepublik schwenken um zur direkten Endlagerung / Partei stellt große Anfrage vor

Bonn (afp/dpa/taz) - Die Energiekonzerne bereiten nach Ansicht der Grünen den Totalausstieg aus der atomaren Wiederaufarbeitung vor. Nach dem Verzicht auf Wackersdorf solle jetzt „mittelfristig“ vollständig auf die Wiederaufarbeitung verzichtet werden, da sie „unbezahlbar teuer geworden ist“. Damit werde langfristig auch die Wiederaufarbeitung im Ausland nicht weiterverfolgt. Diese Strategie ergebe sich aus einem internen Papier der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), das letzte Woche bekannt geworden war.

In einer Zusammenfassung des VDEW-Papiers heißt es dazu: Nach Ablauf der Wiederaufarbeitungsverträge mit Frankreich und Großbritannien müsse geklärt werden, ob die direkte Endlagerung (ohne Wiederaufarbeitung) als „zusätzlicher Entsorgungsweg“ in Frage komme. Dies hänge davon ab, „wie schnell dieser Weg technisch, rechtlich und politisch abgesichert werden kann und wie sich die Kosten für die beiden Entsorgungswege im Verhältnis zueinander entwickeln“.

Mit diesem Schwenk hätten die deutschen Energiekonzerne endlich Farbe bekannt und eine Entwicklung nachvollzogen, die in Frankreich und Großbritannien fast beendet sei. Auch dort habe man sich im Grunde von der Wiederaufarbeitung verabschiedet und suche nach Möglichkeiten, die eigenen Anlagen auszulasten, sagte der grüne Atomexperte Wolfgang Daniels. Da aber alle drei Länder die Wiederaufarbeitung für wirtschaftlich sinnlos hielten, solle die Bundesregierung endlich dafür sorgen, daß die Anlagen im französischen La Hague und britischen Sellafield nicht mit deutschem Atommüll weiterbetrieben werden könnten.

Daniels präsentierte den Bonner Journalisten zugleich eine große Anfrage seiner Partei. Die Grünen wollen wissen, wie die Regierung die Erklärung des britischen Stromerzeugers CEGB bewertet, daß „wir Plutonium nicht brauchen“, zumindest für die nächsten 15 Jahre nicht, und daß die „Uranrezyklierung durch teure Wiederaufarbeitung unwirtschaftlich ist“. Außerdem fragen sie, ob die Regierung bestätigen könne, daß nach der Jahrhundertwende die WAA in Sellafield und La Hague nur noch für das Ausland betrieben würden. Auch das staatliche französische Energieunternehmen Electricite de France (EDF) sei schon im Mai umgeschwenkt und habe eine neue Strategie hin zur direkten Endlagerung verkündet.

-man