Bremens Kurden verbittert

■ Bremer CDU / Kudella sagt hundert Drogenhändler und trifft 8.000 KurdInnen

„In Kurdistan würde ich denken, na gut, da sind ein paar kurdische Mafiosi, die im Drogengeschäft sind, die können mich mal am Arsch lecken“. Aber in Bremen, in der Stadt, in der Ferhat Nezan seit gut zehn Jahren lebt und sich wohlfühlt, sieht er sich urplötzlich zum Komplizen des Drogenhandels gemacht. Nein, niemand würde ihm auch nur die entfernteste Nähe zum Heroin-Geschäft nachsagen - der öffentlichen Stimmung reicht seine Herkunft. Er ist Kurde.

Mit der Drogenkampagne der CDU unter ihrem Fraktionsvorsitzenden Kudella, der die Verknüpfung von Drogenhandel und Asyl-und Ausländerpolitik salonfähig gemacht hat, geht immer mehr PolitikerInnen der Begriff vom „kurdischen Drogenmekka“ immer leichtfertiger über die Lippen. Vom „christlichen Steuerhinterzieher“ zu reden, wäre anstößig; über den „deutschen Umweltkriminellen“ zu berichten, Anlaß zur Empörung. Beim Drogenhändler aber geht in Bremen nichts mehr ohne das Attribut „kurdisch“.

„Ich habe mich sehr getroffen gefühlt. Das ist eine starke Belastung für uns, wenn Kurden immer in Zusammenhang mit Drogen, Waffen, Gewalt und Terror gebracht werden“, sagt Ferhat Nezan, als wir uns in den Räumen des „Vereins der Arbeiter aus Kurdistan in Bremen“ (KOM

KAR) unterhalten. Verbitterung klingt da mit über die Politik der CDU, die 8.000 in Bremen lebende KurdInnen vorsätzlich in die Nähe des Drogenhandels rückt. Und deren Pauschalisierungen nun das öffentliche Klima prägen. Aus dem bißchen Ressentiment, das man stets als Ausländer gespürt hat, erzählt Mehmet Karaca, ist nun konkret erfahrbare Ablehnung geworden, weil man Kurde ist. „Und alle Kurden handeln mit Drogen“, dieses Urteil stehe seitdem fest. Am Arbeitsplatz werde er damit ebenso konfrontiert wie in der Kneipe oder beim Einkaufen. Andere haben da noch handfestere Erfahrungen gemacht. Fünfmal ist einer innerhalb kürzester Zeit von der Polizei zur Personalienüberprüfung festgehalten worden. Einen anderen suchte die Polizei viermal hintereinander frühmorgens im Hotel auf, zur Durchsuchung.

Daß es Landsleute gibt, die mit Heroin handeln, ist bei KOMKAR unstrittig. Was sie davon halten ebenfalls - nichts. „Wir distanzieren uns von diesen schmutzigen Geschäften, das ist doch klar“, sagt Mehmet Karaca, „lassen niemanden mehr in unsere Räume, von dem wir vermuten, er stecke im Drogenge

schäft.“ Eine selbstverordnete Einschränkung, die schmerzt. Denn früher war dies ein offenes Haus. KOMKAR kümmerte sich

um Übersetzungen, Behördengänge oder anwaltlichen Beistand. Heute ist das der Angst gewichen, einmal dem Falschen zu helfen.

Eine mißliche Lage, denn zwischen heroinhandelnden Landsleuten und einer christdemokratischen Partei, die mit dem Drogengeschäft auch das besondere Bleiberecht der Kurden in Bremen aus der Welt schaffen möchte, läßt sich nur schwerlich Politik machen. Man müsse, so Ferhat Nezan, sich wohl oder übel damit auseinandersetzen, daß Kurden in Bremen mit Drogen handeln - auch wenn dies nicht so recht einsehbar ist. Denn welcher Deutsche fühlt sich der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig, weil ein anderer Deutscher Drogen verkauft. Man müsse aber auch sehen, daß „es der CDU nicht nur um die Drogenkriminalität geht“.-„Man will eindeutig“, so Nezans Einschätzung, „die Emanzipationsbewegung der Kurden in den Dreck ziehen, aus Rücksichtnahme auf den NATO-Partner Türkei.“ Und sehr schnell, so ist die Befürchtung beim kurdischen Arbeiterverein, ist all die politische Arbeit der letzten Jahre diskreditiert, die sie heute noch sagen läßt: „Wir haben in Bremen eine große Öffentlichkeit erreicht und hatten das Gefühl, in ein, zwei Jahren als selbständige Volksgruppe anerkannt zu sein.“

Andreas Hoetzel