Griechenland: Keine Regierung in Sicht

An den politischen Verhältnissen hat sich nach den Parlamentswahlen vom Sonntag nichts geändert / Konstantinos Mitsotakis und die konservative Nea Dimokratia haben die absolute Mehrheit wieder verfehlt  ■  Aus Athen Robert Stadler

Die Stimmen der griechischen Parlamentswahlen sind gezählt, das Ergebnis steht fest: Wie schon im Juni dieses Jahres verfehlte die konservative Nea Dimokratia (ND) von Konstantinos Mitsotakis am Sonntag erneut die absolute Mehrheit. Die ND stellt 148 der 300 Abgeordneten, die Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) 128 und die „Linkskoalition“ 21 (Im Vergleich dazu die Zahlen von den Wahlen im Juni: ND 144 Sitze; Pasok 125; Linkskoalition 29). Je ein Mandat fällt auf einen Gemeinschaftskandidaten von PASOk und Linkskoalition, auf einen unabhängigen Kandidaten der moslemischen Minderheit Thrakiens und auf die alternative ökologische Liste. Die Grünen schafften erstmals den Sprung ins griechische Parlament.

Das Zweiparteiensystem ging gestärkt aus den Wahlen hervor, die von den Kommunisten geführte „Allianz der Linken und des Fortschritts“ ist der eigentliche Verlierer. Ihr wurde ihre Rolle in der Katharsis-Regierung nicht gedankt. Nach der Juniwahl hatten Konservative und die Linksallianz eine befristete Koalition gebildet, um die Finanz- und Abhörskandale aufzuklären, in die die acht Jahre amtierende Pasok-Regierung unter Ministerpräsident Andreas Papandreou verwickelt war.

Die Linkskoalition mußte einen Verlust von zwei Prozent der Stimmen hinnehmen. Es ist ihr nicht gelungen, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok) WählerInnen abzunehmen. Dabei dürfte das „Anti-Rechts-Syndrom“ eine wichtige Rolle gespielt haben. Aus historischer Erfahrung geben vor allem ältere Wähler der Pasok ihre Stimme, einzig um eine konservative Regierung zu verhindern. Ein Teil der Verluste des linken Bündnisses ist sicher darauf zurückzuführen.

Die Pasok wiederum kann zufrieden sein. Die „Volksabstimmung“ über den Vorsitzenden Andreas Papandreou, dem der Prozeß vor einem Sondergericht droht, ging zu seinen Gunsten aus. Die Sozialisten konnten sich von 39,1 Prozent auf 40,7 Prozent verbessern, und Papandreou betonte, daß damit der „Weg für Fortschritt und Demokratie“ geebnet sei.

Das Ergebnis der Wahlen zwingt dazu - so wie vor fünf Monaten -, eine Koalition aus zumindest zwei Parteien zu bilden. Da kaum anzunehmen ist, daß sich die Nea Dimokratia und die Linkskoalition während der dreimonatigen „Katharsis -Regierung“ so nahe gekommen sind, um erneut ein Stück des Weges gemeinsam zu gehen, bleibt als realistische Variante wohl nur eine Kooperation zwischen Pasok und Linkskoalition. Im Laufe dieser Woche werden die ersten Gespräche stattfinden.