Nur eine zynische Satire?

■ Nixdorf-Mitarbeiter verkaufte am Arbeitsplatz T-Shirt mit Hitlerporträt und Europakarte von 1942 / Betriebsrat ist empört, aber Geschäftsleitung wiegelt ab

Keinen Grund zur Beunruhigung sieht die Geschäftsleitung der Nixdorf Computer AG im Verkauf eines T-Shirts in ihren Produktionsräumen, das ein Hitlerporträt zeigt sowie eine Europakarte von 1942, auf der alle von den Nationalsozialisten eroberten Länder markiert sind.

Anders der Betriebsrat. Er fordert die Entlassung des Mitarbeiters, der das T-Shirt mit dem Aufdruck „Hitlers Europatrip“ am Arbeitsplatz verkaufte. „Wir sehen das ganz eindeutig als ein betriebsstörendes Verhalten nach §104 des Betriebsverfassungsgesetzes, das die Entlassung zur Folge hat“, so der Betriebsratsvorsitzende Udo Böhnke.

Die Assistentin des Personalleiters, Strese, von der Geschäftsleitung zu Äußerungen vor der Presse authorisiert, kann an dem T-Shirt keine nationalsozialistische Hetze erkennen. „Es läßt viel Spielraum für Interpretationen. Ich selbst sehe es eher als zynische Satire.“ Außerdem, so Strese weiter, sei der Verkauf kein Handel im eigentlichen Sinne gewesen, da der Betriebsangehörige das T-Shirt nur für einen ehemaligen Lehrer besorgt habe, der eine Dokumentation zum 50. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges erstelle. „Wir haben den Mitarbeiter ermahnt, daß er das in Zukunft im Betrieb unterlassen solle.“

Der Betriebsrat ist mit der Entscheidung der Geschäftsleitung nicht einverstanden. „Wir haben den Eindruck, daß dieses Verhalten von der Leitung verharmlost und toleriert wird. Wir fordern nach wie vor die Entlassung und werden den Rechtsweg beschreiten“, kündigt Udo Böhnke an. Große Teile der Belegschaft können der Entscheidung der Geschäftsleitung nicht folgen, sondern seien schlichtweg entsetzt. „Vor allem die ausländischen Kollegen fühlen sich augenblicklich im Betrieb doppelt betroffen. Seit dem Einzug der 'Republikaner‘ in das Abgeordnetenhaus ist rechtsextremes Verhalten in Teilen der Belegschaft wieder salonfähig geworden“, erklärt der Betriebsratsvorsitzende. „Wir müssen uns diesen Tendenzen entgegenstellen und auch in diesem Fall hart bleiben.“

Ein Mitarbeiter in der Produktion bestätigt den Eindruck des Betriebsratsvorsitzenden. „Seit einigen Monaten wird ganz offen über die Ausländer hergezogen und gehetzt. Natürlich nicht gegen den unmittelbaren Kollegen am Arbeitsplatz. Es fallen dann auch mal solche Sprüche wie: 'Was die Juden hinter sich haben, habt Ihr noch vor Euch‘.“

Im Gegensatz zu den Mitarbeitern und dem Betriebsrat der Nixdorf AG hat die Geschäftsleitung keine Erkenntnisse über die zunehmende Ausländerfeindlichkeit in ihrem Betrieb. „Das war bei uns noch nie ein Problem“, so Frau Strese. Auch im Falle von Hitlers „Europatour 1942“ ließe sich keine Ausländerfeindlichkeit damit verbinden.

Eberhard Seidel-Pielen