Partei und Staat

■ Das Politbüro bestimmte bisher in der DDR die Politik

Berlin (taz) - Nach der reinen marxistisch-leninistischen Lehre verkörpert der sozialistische Staat das wichtigste Instrument der Arbeiterklasse und ihrer Partei. Die Gestaltungskompetenz der Staatsapparate, an deren Spitze in der DDR der Ministerrat - formell die Regierung - steht, ist jedoch wesentlich geringer. Mit der Festschreibung der Führungsrolle der SED (Artikel 1 der DDR-Verfassung) wird die Rangfolge von Partei und Staat vorgegeben.

Zwar obliegen dem Ministerrat zentrale staatliche Aufgaben der Exekutive. Die inhaltlichen Leitlinien werden jedoch vom Politbüro des ZK der SED, den Führungsgremien der Partei, vorgegeben. So empfiehlt das Politbüro als Machtzentrum von Partei und Staat dem Ministerrat, in dringenden Fragen initiativ zu werden und Gesetzesvorlagen auszuarbeiten. Dieses Prinzip der Weisungsabhängigkeit der staatlichen Organe von der Partei durchzieht auch die untergeordneten Ebenen. Die „gestalterische Eigenleistung“ des Ministerrates und untergeordneter Exekutivorgane lag bei der Aus- und Durchführung der SED-Vorgaben. Daraus entwickelte sich auch eine fachliche Abhängigkeit der Partei von den staatlichen Stellen.

Wie wenig Bedeutung dem Ministerrat in der DDR zukam, offenbart sich darin, daß kaum ein DDR-Bürger die Namen der Minister nennen könnte, während den meisten die Namen der Politbüromitglieder geläufig sind. Nur selten wurde ein Minister Kandidat, geschweige denn Vollmitglied des Politbüros. Dem Ministerrat gehören 45 Mitglieder an, davon 41 SED-Mitglieder, während die Blockparteien je einen Stellvertreter des Vorsitzenden stellten. Gewählt wird dieses Gremium von der Volkskammer, dem Parlament der DDR.

khd