: Kleine Bunker-Umfrage in Kaserne
■ Was Über- und AussiedlerInnen über das Wohnen im Bunker denken
Die Scharnhorst-Kaserne in Huckelriede. Eines der dreistöckigen Gebäude auf dem Militärgelände ist seit Mitte September in ein Wohnheim für Aus-und ÜbersiedlerInnen umfunktioniert. Dieses Haus ist mit 221 Menschen übervoll. Gemeinschaftsräume werden als Schlafräume benutzt. „Das ist kein Wohnen mehr, sondern ein Hausen“, sagt der Hausmeister. Ein knappes Drittel der BewohnerInnen kommt aus der DDR. Sie sind es auch, die am ehesten die Chance haben, eine Arbeit und eine eigene Wohnung zu finden. Täglich kommen zehn Anrufe an, in denen ausschließlich DDR-BürgerInnen Angebote erhalten. Das Ausziehen geht ansonsten sehr langsam vor sich: Von den 70 ersten „Insassen“, so hat Hausmeister Wolfggaers ngerhntetsind erst sechs weg.
Eine ältere deutsch-polnische Frau sitzt allein im Treppenhaus. Hat sie schon davon gehört, daß AussiedlerInnen in Bremen künftig in Bunkern wohnen sollen? „Bunker? - Das ist schlimm“, sagt sie. „Bunker. Dann würde ich fahren zurück nach Polen.“ Dann erzählt sie, daß sie auch jetzt schon gerne zurückkehren würde. Hier in der Scharnhorst -Kaserne teilt sie sich mit Mann und Kind ein kleines Zimmerchen, um darin zu wohnen, zu kochen, zu essen und zu schlafen. In Polen dagegen hat sie eine neue Wohnung zurückgelassen - „drei Zimmer, Küche, Bad“. Sie ist noch nicht entschieden. Aber bevor die Menschen in Bunkern leben müssen, soll die Regierung sagen: „Schluß“.
Von den AussiedlerInnen, die sich zur gleichen Zeit zum Sprachkurs versammeln, haben einige schon im Fernsehen die Bunker gesehen. Andere können sich unter dem deutschen Wort „Bunker“ nichts rechtes vorstellen. Einige lachen, sagen, dort müsse es dann eben „air condition“ geben. Mehrheitsmeinung ist: „Wenn die Menschen kommen, wissen sie, daß es keinen Platz gibt.“ - und: „Wir rechnen mit Problemen. Nur die DDR-Bürger denken, alles ist ganz einfach.“
Ein deutsch-polnischer Mann kommt gerade vom Einkaufen zurück. Auch er findet, daß er kein Recht und keinen Anlaß zum Klagen hat: „Bis jetzt bin ich zufrieden. Uns hat niemand hergebeten“. Vor zwei Wochen sind seine Frau und die beiden Kinder nachgekommen. „Vor zwei Wochen haben sie uns gebeten in eine Turnhalle zu gehen: Aber mit zwei Kindern ist das ein Problem.“ Deshalb hält er auch von der Lösung „Bunker“ nicht viel: „Bis jetzt ist gut, das andere wird man sehen.“
Die beiden DDR-ÜbersiedlerInnen in der Kleiderkammer reagieren unterschiedlich auf den Bunker-Vorschlag des Bremer Bürgermeisters, den sie aus den Medien bereits kennen. „Grausam“ entfährt es der einen, „da kriegt man Zustände, da dürften die Leute höchstens zwei Wochen drin bleiben.“ Die andere erschauert nicht, sondern gibt zu bedenken: „Alle die kommen, können nicht erwarten, daß ihnen alles auf dem Tablett serviert wird. Alle die jetzt losmachen, wissen, wie es hier aussieht. Das nehmen die in Kauf.“ Das Gespräch kommt vom Thema „Bunker“ schnell weg zu den „Polen“ im Haus: „Die kennen ja überhaupt keine Kultur. Wir sind willisch und sparen, und die Polenfrauen hocken den ganzen Tag im Zimmer und kochen sich schöne Sachen.“
Wolfgang Gaers, der Hausmeister, hält nichts von der Bunker -Lösung: „Meine Meinung: Allen Leuten, die zuviel Wohnraum haben, rigoros Leute reinsetzen. Aber es die Frage, ob die Bundesbürger dazu bereit sind.“
B.D.
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