Neue Waffenruhe in Nicaragua?

Nicaragua will die längst beschlossene Demobilisierung der Contra-Truppen in Gang bringen und bietet dafür Waffenstillstand und Generalamnestie  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Waffenstillstand, Generalamnestie für die Contras und Verzicht auf Waffenimport hat Daniel Ortega am Vorabend eines Treffens mit der Contra in New York in Aussicht gestellt. Bedingung ist, daß die längst beschlossene Demobilisierung der Contras endlich in Gang kommt - soviel zumindest müsse die Gesprächsrunde ergeben, der auch Vertreter der internationalen Überwachungskommission als Beobachter beiwohnen. Nicaraguas Regierung hatte am 1. November die einseitige Waffenruhe aufgehoben, nachdem über tausend Contras aus Honduras eingesickert waren und Terror verbreitet hatten.

„Unsere Leute haben den Auftrag, solange zu verhandeln, bis es ein Ergebnis gibt“, erklärte Ortega am Mittwoch auf einer Gedenkveranstaltung für den Parteigründer Carlos Fonseca. Nicaraguas Delegation - Vizeaußenminister Tinoco, Generalstabschef Joaquin Cuadra und der Chef des militärischen Geheimdienstes Ricardo Wheelock - war wenige Stunden zuvor nach New York abgeflogen. Sollten die Gespräche mit Contra-Boß Bermudez keine Ergebnisse bringen, will Ortega eine Krisensitzung der fünf zentralamerikanischen Präsidenten einberufen.

Das Moratorium für Waffenimporte soll bis zum 25.April gelten, wenn die am 25.Februar gewählte Regierung ihr Amt übernimmt. Der Vorschlag sieht eine Generalamnestie für alle inhaftierten Contras vor, sobald die Hälfte der auf 13.000 Mann geschätzten Truppen ihre Waffen abgegeben hat und die rund 9.000 Verschleppten freigelassen sind. Contrasprecher in Honduras ließen bereits wissen, daß sie einer Demobilisierung zu diesen Bedingungen nicht zustimmen.

Wenn das Treffen in New York ein Ergebnis bringt, würden die sandinistischen Truppen ihre geplante Offensive abblasen und eine Reihe von Korridoren freihalten, über die die Contras nach Honduras zurückkehren können. Dort sollen sie ihre Waffen abgeben und sich für Repatriierung oder Auswanderung in ein Drittland entscheiden. Gesandte der Contras sollen überprüfen, daß den Rückkehrern keine Vergeltungsaktionen drohen.

Selbst wenn der Plan nicht unterschrieben wird oder nur ein Teilergebnis zustande kommt, wird Nicaraguas Regierung wohl auf die angedrohte Großoffensive verzichten und bald erneut die Waffenruhe ausrufen. Denn obwohl es international inzwischen mehr Verständnis für die sandinistischen Drohgebärden gibt als vor einer Woche, will die Regierung den Neubeginn des Krieges unbedingt vermeiden. „Das Problem läßt sich nur politisch, nicht militärisch lösen“, bestätigte ein hoher Regierungsfunktionär in Managua.