„Westwärts liegt das gelobte Land“

■ Ein nur scheinbar zufällig aktueller Film / Monika von Behr auf dem Oregon Trail

Am Sonntag zeigt das Dritte Programm (N3) einen Film, den wir vor 1/2 Jahr anders gesehen hätten: Ein Heer von (Aus?)SiedlerInnen zieht mit Pickes und Packes westwärts, in ein Land, wo keine Depression herrscht, wo Reichtümer locken, wo die Luft gesund ist und der Atem frei geht. Es geht natürlich nicht um den großen Trabbi-Trail (aber was wissen wir heute schon so sicher?), der Film „Westwärts liegt das gelobte Land“ beschreibt eine Massenbewegung, die zur Mitte des letzten Jahrhunderts im Land Amerika stattfand: den großen Oregon Trail.

Im Osten herrschte 1837/38 eine schlimme Depression mit chaotischen Preisbewegungen und großer Arbeitslosigkeit. Damals brachen die Menschen massenhaft auf zum „gelobten Land“ Oregon an der Westküste. Sie hatten einen beschwerlichen Weg von 3.800 km durch riesige leere Landschaften und über hohe Berge vor sich, in ein Land, das Indianern gehörte. Ein Stoff, aus dem die Western sind (und ein Gutteil des amerikanischen

Selbstbewußtseins).

Monika von Behr, promovierte Germanistin und Filmemacherin in Bremen (mit eigenem Filmstudio im Fesenfeld), hat einen ganz eigenen Zugriff für das Thema gefunden: Es gibt eine amerikanische Buchreihe, in der schriftliche Zeugnisse am Trail teilnehmender Frauen vorgestellt werden, die in überraschend großer Zahl vorliegen. Ein Grund hier

für mag sein, daß unter den SiedlerInnen zahlreiche „Gebildete“ und Schriftkundige waren, Mittelstand, betuchte Farmerfamilien. Die wollten zum einen für die Angehörigen Reiseberichte schreiben, aber auch Streckenbeschreibungen für Nachkommende aufzeichnen. Die Frauentagebücher zeichnen sich durch einen (übrigens recht emotionslosen) Blick auf alltägliches Elend

und Freuden aus; dazu gehören Kindersterblichkeit und Indianerkontakte, Horrorerlebnisse, aber auch auf neue Freiheiten als Frau in rauher, aber gesunder Umgebung.

In der Hochzeit der Trails zogen jährlich 60.000 Menschen westwärts, die Recherchen der Filmemacherin in den USA gestalteten sich recht anschaulich: Originalspuren der Planwagen entdeckt man vielerorts, ebenso die landmarks, steinerne Orientierungspunkte in den weitläufigen rolling planes. Charakteristisch für die Arbeit von Monika von Behr ist neben der dezidierten Frauenperspektive (sie hat lange mit Frauen und Medien gearbei

tet) eine sehr zurückgenommene Form, ein Thema zu präsentieren, die sie als Redaktionsassistentin beim WRD -Fernsehn entwickelte: Sie läßt Landschaften, Menschen und Bilder sprechen und verzichtet weitgehend auf Kommentierung.

„Westwärts liegt das gelobte Land“ ist, indem er viel mit den Originaltexten arbeitet, ein sehr literarischer Film, mit sparsamer musikalischer Untermalung, immer unterwegs zwischen einem großen Mythos und der banalen Realität der SiedlerInnen. Burkhard Straßman

Falls keine weiteren Unwägbarkeiten aus dem Osten auf uns kommen: Sonntag, 19.15 Uhr, N