Erst fiel Honecker, dann die Mauer

■ In einem Monat sprengte die DDR ihre Fesseln/ Eine Chronologie des letzten Monats in der DDR

In der DDR haben Straßendemonstrationen und Auswanderungswellen innerhalb genau eines Monats nacheinander Staats- und Parteichef Erich Honecker, die Regierung, das komplette Politbüro und in der Nacht zum Freitag auch die Mauer hinweggefegt:

7. Oktober: Der 40. Jahrestag der Staatsgründung der DDR wird im Beisein Gorbatschows mit großen offiziellen Feiern begangen. Am Abend demonstrieren Oppositionelle in Ost -Berlin. Es kommt zu schweren Übergriffen der Volkspolizei.

18. Oktober: Nach zwei großen Montags-Demonstrationen in Leipzig und weiteren Kundgebungen wird Erich Honecker nach 18 Jahren an der SED-Spitze von Egon Krenz abgelöst.

24. Oktober: Krenz löst Honecker auch als Staatschef ab. Auf Kundgebungen wird mit Enttäuschung auf die Wahl des bisherigen „Hardliners“ reagiert.

25. Oktober: Die DDR erlaubt ihren Bürgern, die in der Botschaft der Bundesrepublik in Prag Zuflucht gesucht haben, die freie Ausreise nach Westen.

31. Oktober: Krenz reist nach Moskau, wo er mit Gorbatschow zusammentrifft. Auf Großdemonstrationen wird Pressefreiheit und die Abschaffung des SED Machtmonopols gefordert.

2. November: Erste Rücktritte von Spitzenfunktionären. Unter ihnen FDGB-Chef Harry Tisch und Volksbildungsministerin Margot Honecker.

3. November: Angesichts neuer Massendemonstrationen kündigt Krenz den Rücktritt von fünf Politbüro Mitgliedern an.

4. November: Mehr als eine Million Menschen demonstrieren in Ost-Berlin. Gleichzeitig erlaubt die DDR -Spitze ihren Bürgern erstmals seit 28 Jahren, über die CSSR frei in den Westen zu reisen. Seitdem kommen täglich 9. 11.000 DDR-Bürger in die Bundesrepublik.

6. November: Der Entwurf eines neuen Reisegesetzes sieht die Erlaubnis für 30 Tage Westreisen pro Jahr für jeden DDR-Bürger vor. Es wird wegen seines engen Rahmens sofort wieder zurückgezogen.

7. November: Die DDR-Regierung tritt geschlossen zurück.

8. November: Das Politbüro der SED tritt komplett zurück und wird verkleinert und teilweise neu besetzt. Der Reformer Hans Modrow soll neuer Regierungschef werden. Unterdessen wird die Führungsrolle der SED immer offener in Frage gestellt und freie Wahlen gefordert.

9. November: Das für Informationspolitik zuständige Politbüromitglied Günter Schabowski gibt die Öffnung der Grenze zur Bundesrepublik bekannt. In Berlin und an der innerdeutschen Grenze entwickelt sich das Wiedersehen von Ost und West zu einem Volksfest. Die Reisewelle dauert an, auch am Morgen des 10. November.

afp