„Wie eine Love-Story“

■ Im Gespräch mit Kresnik-Schauspielern

„Does Hans Kresnik like TV?“ wurde Roberto Giovanetti, der Darsteller des Macduff in der Bremer Inszenierung von Kresniks „Macbeth“ unlängst von einem brasilianischen Regisseur gefragt. „Oh ja,“ hatte Roberto geantwortet, „er liebt das Fernsehen und deshalb ist der 'Macbeth‘ auch wie ein Horrorfilm, den man vor zehn Jahren gedreht hätte.“

Einen Blick hinter die fertige Inszenierung, eine Ahnung von der Arbeit mit Hans Kresnik und eine Sicht auf „Macbeth“ von der Seite der Tänzerinnen und Tänzer gaben Susana Ibanez, Darstellerin der Lady Macbeth, und Roberto Giovanetti.

Mit ihrer Kritik rannten die Seminarteilnehmerinnen offene Türen ein: Hans Kresnik traue dem Publikum keine Feinheiten zu, er mache die Augen übervoll, sei zu laut, wenn er laut sei und arbeite vor allem mit Klischees. Eine psychologische und differenzierte Arbeit an Figuren sei für die Kompagnie nicht möglich: „Er läßt uns immer nur die Maske eines Gefühls spielen, nicht aber das Gefühl“, beklagte sich Giovanetti.

Während der Proben arbeite die Gruppe immer in geschlossenen Räumen, denn nur dort könne Hans Kresnik klar sehen, was auf der Bühne passiert. Wer dann die Choreografie mache, das seien zu einem großen Teil die DarstellerInnen, die durch Improvisationen ihre Figuren entwickeln. Ein kreatives Arbeiten, das auch seinen Preis hat: „Hinterher sind wir immer total fertig und ausgebrannt, denn Kresnik arbeitet hektisch, hysterisch. Er ist fantastisch kreativ, ein Monster.“ Und das, so Roberto Giovanetti, zeige sich auch später in den Stücken: „Macbeth hat den Rhythmus eines Fernsehprogrammes.“

Doch genau hier, so haben die beiden erfahren, liege der Erfolg von Kresniks Inszenierungen vor allem bei jungen Leuten. Er treffe Sehgewohnheiten, seine Bühnenbilder sind trendy, seine Bilder machtvoll, farbig und voller Kraft. „Er ist ein normaler Zeitgeisttyp, der sich immer beweisen muß. Er will eine gute Show machen und niemand soll bereuen, daß er nicht zuhause vor dem Fernseher sitzengeblieben ist.“

Seit die Gruppe in Bremen ist, besteht sie zur Hälfte aus neuen und alten Mitgliedern. Und daß die alten zu ihrem Chef, so wie sie ihn beschreiben, allzugut passen, gibt der kleine Argentinier gerne zum Besten: „Wir alten verkörpern inzwischen ein Repertoire an Verrücktheiten und Traumata. Das tragen wir von Stadt zu Stadt, und jetzt werden wir auch die Neuen ein bißchen in die Perversion einführen.“

Nach acht Jahren der Zusammenarbeit findet er immer noch, daß es aufregend ist, mit Hans Kresnik zu arbeiten, „wie eine Lovestory.“

Vera Kuenzer