Grünes Licht der Arbeitsämter

■ Gäste aus Ost-Berlin und der DDR sollen jetzt „selbstverständlich“ vermittelt werden / Dem steht ein DDR-Entwurf eines neuen Reisegesetzes entgegen

Besucher aus Ost-Berlin oder der DDR sollen „selbstverständlich“ im Westteil unserer Stadt arbeiten können. Auf diese Linie verständigten sich gestern nach Angaben des zuständigen Referatsleiters Rudolf Lück die Arbeitsvermittler des Landesarbeitsamtes. Wenn die Ostler eine kurzfristige Tätigkeit aufnehmen wollten, was zumeist der Fall sein werde, könnten sie zu der bei einigen Arbeitsämtern eingerichteten Service-Vermittlung beziehungsweise zu der Job-Vermittlung für Angestelltenberufe gehen, erläuterte Lück.

Bei den in Frage kommenden kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen würden wohl keine Beiträge zur Sozialversicherung zu erheben sein. Nach den Worten der Referatsleiter müssen arbeitswillige Besucher beim Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses lediglich eine Steuerkarte beantragen. Welches das zuständige Betriebsfinanzamt sei, wisse jeder Arbeitgeber. Wie stark das Interesse sein werde, bezeichnete der Sprecher gestern als „nicht vorhersehbar“. Indes sei man auf einen Besucheransturm vorbereitet.

Lück zufolge ist klar, daß Westberliner Arbeitgeber die neuen Kräfte in Westgeld entlohnen werden. Selbstverständlich vermittle man auch nur Arbeitsplätze, bei denen eine tarifliche Bezahlung gewährleistet sei.

Unterdessen hat der Rat der Vorsitzenden der DDR -Rechtsanwälte gestern den Entwurf eines Reisegesetzes vorgelegt, der just die Arbeitsaufnahme von DDR-Bürgern im Westen verhindern soll. „Wenn ein Bürger ohne staatlichen Auftrag oder ohne staatliche Genehmigung im Ausland einer entgeltlichen Tätigkeit nachgeht und vom damit erzielten Einkommen seinen Lebensunterhalt in der DDR bestreitet, kann der Reisepaß bis zur Dauer eines Jahres entzogen werden“, heißt es darin laut einer Meldung der DDR-Nachrichtenagentur 'adn‘. Bezug genommen wird ausdrücklich auf „die Erfahrung mit den sogenannten Grenzgängern aus der Zeit bis 1961“.

„Wenn dieses passiert, dann fällt das natürlich in die Verantwortlichkeit der Behörden im anderen Stadtteil, aber wir können dazu natürlich nix sagen“, so der etwas perplexe Arbeitsamtsvertreter.

Derweil hielt das DGB-Vorstandsmitglied Horst Jäckel auf Anfrage dringend „rechtliche Schranken“ gegen eine „Lawine von Schwarzarbeitern“ aus dem Osten für geboten. Jäckel: „Sonst könnte die positive Stimmung gegenüber den DDR -Besuchern schnell umkippen. Wir leiden ja auch schon sehr darunter, daß die Polen hier schwarz arbeiten“.

thok