Frauenpower

■ 12. Herbsttreffen der Frauen in den Medien stand im Zeichen des Ost-West-Dialogs

High noon - Es war das zwölfte „Herbsttreffen der Frauen in den Medien“, zu dem am Wochenende SFB und RIAS nach Berlin eingeladen hatten, und es war anders als die elf Treffen zuvor. Das allerdings lag weniger am Programm der Organisatorinnen als an den historischen Ereignissen. Während nur wenige Kilometer vom Tagungsort entfernt am Potsdamer Platz die Bagger anrückten, um ein Loch in die Mauer zu reißen, diskutierten die Arbeitsgruppen über Medienpolitik, Fortbildung und Karriereplanung - allerdings kürzer als geplant. Viele der 300 Frauen aus Hörfunk und Fernsehen wollten dann doch lieber miterleben, was draußen auf den Straßen passierte. In einer Resolution formulierten sie ihre Freude über die Öffnung der Grenze und ihr Interesse, den Austausch mit Kolleginnen in der DDR durch Besuche und Hospitanzen zu verbessern.

Jutta Arnold, Leiterin des Wirtschaftsressorts der DDR -Frauenzeitschrift 'Für Dich‘ und Gast des Herbsttreffens, berichtete von aktuellen Plänen, einen Volkskammerausschuß für Frauen einzurichten. Auch in der DDR kämpften Journalistinnen jetzt für die Quotierung und wollten das gesellschaftliche Idealbild der Superfrau verändern, die den Haushalt in Ordnung hält, mehrere Kinder großzieht und Karriere macht. Noch vor dem Umbruch galt in der DDR die offizielle Losung, die Emanzipation sei verwirklicht. „Es ist nicht mehr an der Zeit, uns etwas vorzumachen“, meinte Jutta Arnold. „Frauenthemen können jetzt endlich so zugespitzt gebracht werden, wie es die Situation erfordert.“ Auf dem Herbsttreffen habe sie viele neue Anregungen bekommen, die sie in ihre Arbeit bei 'Für Dich‘ einfließen lassen wolle. Ernsthaft werde sie darüber nachdenken, ihre Sprache zu verändern. „Zuerst werde ich mir neue Visitenkarten drucken lassen. Darauf steht nämlich Leiter der Wirtschaftsabteilung statt Leiterin.“

Nicht allein die Kontakte in die DDR, beschlossen die Medienfrauen zu intensivieren. Auch innerhalb Europas soll die Zusammenarbeit verbessert werden. Geplant ist, zu diesem Zweck die Initiative „Feminists in European Media“ (FEM) zu gründen. Der berufsübergreifende Zusammenschluß von Feministinnen soll sich vorrangig für eine gleichberechtigte Beteiligung von Frauen in den Rundfunkanstalten der EG -Staaten und für ein „realistisches und emanzipatorisches Frauenbild“ in den Programmen engagieren.

Für die Medienlandschaft der neunziger Jahre in der Bundesrepublik forderten die Teilnehmerinnen „die Stärkung und den Ausbau journalistischer Vielfalt“. Sie sprachen sich gegen „die Demontage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ durch die geplante Fusion von SDR und SWF aus. Dadurch werde das Programm verflachen, Arbeitsplätze von freien und festangestellten Mitarbeiterinnen gingen verloren.

Die „Saure Gurke“, der alljährlich verliehene Wanderpreis für herausragend frauenfeindliche Sendungen, ging dieses Mal an den Hessischen Rundfunk für den Beitrag Madrid, Madrid, Madrid vom April 1989. Korrespondent Wolf Hanke, so heißt es ironisch in der Begründung der Jury, zeichne ein umfassendes Bild der spanischen Frau von heute, die als Soldatin den Kasernenhof zum Kontakthof umfunktioniere und den Müll von der Straße kehre, um sich zu Hause eine Putzfrau leisten zu können. Jürgen von der Lippe mußte sich für seine Moderation der WDR-Sendung Geld oder Liebe mit einem Trostpreis begnügen.

But