Stolpersteine vor dem Binnenmarkt

■ EG-Finanzminister bei der Besteuerung von Zinsen und der Mehrwertsteuerangleichung uneins

Berlin/Brüssel (taz/ap) - Zum nächsten großen Hindernis auf dem Weg zum geplanten EG-Binnenmarkt wächst sich - nach dem Dauerstreit um die Währungsunion und die Sozialcharta immer mehr die Angleichung der Mehrwert- und einiger Verbrauchssteuern aus. Die EG-Finanzminister konnten sich in der Nacht zum Dienstag erneut nicht auf eine Harmonisierung der unterschiedlichen Steuersätze in der EG einigen.

Damit wird es immer wahrscheinlicher, daß die Öffnung der Grenzen für den Warenverkehr ebenfalls verzögert wird. Ansonsten wäre es nicht zu verhindern, daß Produkte aus einem EG-Niedrigsteuerland in ein Hochsteuerland ausgeführt werden, dort billiger verkauft und damit den Wettbewerb verzerren würden. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium Hans Tietmeyer sprach am Mittwoch in Brüssel von einer „schwierigen Situation“.

Im Dickicht der Steuerharmonisierung geht es vornehmlich um zwei Probleme. Das erste ist die bislang ungeregelte Besteuerung der Erträge aus Kapitalbesitz, also vor allem von Zinsen. Nachdem eine EG-weite Quellensteuer vom Tisch ist und auch Kontrollmitteilungen der Banken an die Finanzämter keine Chancen mehr auf Zustimmung haben, hatte die EG-Kommission eine Amtshilfe-Richtlinie vorgelegt. Die gilt einigen Ländern jedoch eher als nachsichtiger Kompromiß und damit als zu lasch; andere mauern hingegen, weil auch dadurch das jeweils nationale Bankgeheimnis durchlöchert wird.

Das zweite Problem betrifft die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze in der EG. Zwar haben sich die Mitgliedstaaten darauf geeinigt, die Mehrwertsteuersätze im Bestimmungsland als verbindlich beizubehalten. Bis 1996 sollen die Betriebe den Behörden ihre Exporte innerhalb der EG direkt melden, damit der Steuerausgleich nicht mehr an der Grenze bearbeitet werden muß. Doch gehen die Auseinandersetzungen über eine in Zukunft unerläßliche Angleichung der Mehrwertsteuersätze weiter, gegen die sich vor allem Großbritannien wehrt. Die Folge ist, daß die ursprünglich angestrebte Freizügigkeit von Waren, die von Privatpersonen über die Grenze gebracht werden, ins Wanken geraten könnte.

So widersetzen sich vor allem Dänemark, Irland und Griechenland einem französischen Vorschlag, bei Privatreisen ab Ende 1992 die Beschränkung auf bestimmte Freimengen aufzuheben.

diba