Konvertibilität per Beschluß?

■ Auszugsweiser 'Neues-Deutschland'-Artikel des Ostberliner Ökonomieprofessors Hans-Joachim Dubrowsky

Unter einer konvertierbaren Währung versteht man eine Währung, die man in andere Währungen umtauschen und international verwenden kann. Je nachdem, ob eine Währung völlig frei für jedermann in beliebige Währungen und in unbegrenzter Menge eingetauscht werden kann oder ob es bestimmte Einschränkungen der Umtauschbarkeit gibt, spricht man von frei oder beschränkt (auch teil -)konvertierbarer Währung. Eine freie Konvertierbarkeit gibt es nur für einige Währungen, vor allem von hochentwickelten kapitalistischen Industrieländern. Die wichtigste Bedingung, um eine Währung konvertierbar zu machen, besteht darin, eine starke Wirtschaft zu haben, die durch den Export von Waren und Leistungen dafür sorgt, daß genügend fremde Währungen vorhanden sind, um die eigene Währung jederzeit in die anderer Länder eintauschen zu können. Von Bedeutung ist auch, ob es zusätzlich eine große Nachfrage nach dieser Währung gibt, weil man zum Beispiel gern in das betreffende Land als Tourist oder Besucher fährt oder weil man sein Geld in dem betreffenden Land günstig anlegen kann. (z.B. investieren mit hohem Gewinn oder bei den dortigen Banken hinterlegen mit hohen Zinsen). Die sozialistischen Staaten haben ihre Währungen bisher nicht oder kaum als konvertierbare Währungen ausgestaltet. Dabei ging man davon aus, daß sich die Geldwirtschaft besser überblicken und planen läßt, wenn das sozialistische Geld nicht außerhalb der Landesgrenzen zirkuliert. Inzwischen sind durch eine immer intensivere Verflechtung sozialistischer Volkswirtschaften mit der Weltwirtschaft und auch durch zunehmende Auslandsreisen der Bürger sozialistischer Länder neue Überlegungen im Gange. Die meisten Wirtschaftswissenschaftler der RGW-Staaten sind heute der Meinung, daß wir für die weitere Entwicklung der Beziehungen im RGW (wir wollen in der Zukunft einen vereinigten Markt schaffen) und auch mit kapitalistischen Ländern eine gegenseitige Konvertierbarkeit der nationalen Währungen der RGW-Länder und auch gegenüber kapitalistischen Hauptwährungen brauchen.

Ansätze dafür gibt es vor allem im sogenannten nichtkommerziellen Bereich, wozu auch der Auslandstourismus gehört. Hier ist z.B. die Mark der DDR gegenüber einzelnen Währungen anderer RGW-Länder, darunter dem sowjetischen Rubel, für DDR-Bürger beim Umtausch in der DDR („Inländerkonvertierbarkeit“) unbeschränkt eintauschbar, während man in den meisten anderen RGW-Ländern als DDR -Bürger gegenwärtig maximal 100 Mark umtauschen kann („Ausländerkonvertierbarkeit“). Gegenüber anderen RGW -Ländern, darunter auch Ungarn und die CSSR, gelten auch bei der Inländerkonvertierbarkeit mengenmäßige Beschränkungen. Das hat seine Ursache in erster Linie darin, daß wir noch nicht in der Lage sind, im erforderlichen Umfang und in der gewünschten Struktur Waren an diese Länder zu liefern. In den internationalen Wirtschaftsbeziehungen einschließlich dem Außenhandel verwenden die sozialistischen Länder bisher nicht ihre eigenen Währungen sondern im Rahmen des RGW eine speziell dafür geschaffene kollektive Währung, den transferablen Rubel, und gegenüber kapitalistischen Ländern fast ausschließlich konvertierbare Währungen kapitalistischer Hauptländer. Aber Konvertierbarkeit kann man nicht einfach beschließen und einführen.

Dazu sind viele wichtige Voraussetzungen zu schaffen, und vieles will bedacht sein. Vor allem geht es darum, so viele fremde Währungen einzunehmen, daß es kein Problem ist, den Bürgern und Betrieben für Reisen und Importe die gewünschten Mengen solcher Währungen zur Verfügung zu stellen. Dazu ist es erforderlich, die Volkswirtschaft so zu gestalten, daß sie in der Lage ist, Güter und Leistungen zu exportieren, die mit möglichst hohem Gewinn auf den äußeren Märkten abgesetzt werden können. Außerdem müssen wir durch ein attraktives Inlandsangebot dafür sorgen, daß Ausländer gern zu uns kommen und hier ihr Geld „abliefern“. Mit zunehmender Konvertierbarkeit wirken die internationalen Produktivitäts und Preismaßstäbe sehr intensiv auf unsere Volkswirtschaft und ihre Produzenten ein. Es entsteht eine internationale Angebots- und Kaufkonkurrenz, bei der sich die Beteiligten (Ausländer und Inländer) entscheiden können, ob sie in unserem Land oder woanders kaufen, was sie brauchen oder gerne hätten. Das macht es zugleich erforderlich, schrittweise vorzugehen.

Ein bestimmter, nach Zweigen differenzierter Schutz vor übermächtiger ausländischer Konkurrenz aus kapitalistischen Staaten mit nicht vertretbaren sozialen Folgen bei uns kann z.B. durch Zölle auf importierte Waren erreicht werden. Zu schnelle Entfaltung der Konvertierbarkeit kann unsere äußere Zahlungsfähigkeit gefährden. Wir müssen solide Grundlagen schaffen.