Afrika-Hilfe „nicht akzeptabel“

■ Kritik an der „Entwicklungshilfe von Volk zu Volk“ / Politik von vorgestern

Regelmäßig ruft die bremische „Entwicklungshilfe von Volk zu Volk“ (EVV) dazu auf, in eigens bereitgestellten Containern Stoffe, Werkzeuge, Nähmaschinen oder Garnreste für Menschen im südlichen Afrika zu sammeln. Unter den gebrauchten Gütern befinden sich auch Kisten mit gebrauchten Brillen, Matratzen, alte Schulbücher, getragene Kleidung, Krankenhausbetten aus den 50er Jahren. Letztere waren noch vor zwei Monaten von einer Mitarbeiterin der Uniklinik in Montevideo (Uruguay) als unzumutbar zurückgewiesen worden. Es gibt auch Medikamente, darunter Kisten mit Aspirin oder Schmerzssalben (Doro Neuro Gel plus). Die EVV läßt sich die Transportkosten für die Verschiffung der Hilfsgüter von den Vereinten Nationen bezahlen. Knapp 50.000 Mark, die dort jährlich für

solche Transporte zur Verfügung stehen, werden überwiegend von den Bremern in Anspruch genommen. Als „nichtakzeptable Hilfsgüter“ bezeichnen die Richtlinien des hierfür zuständigen Kommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) von 1986 gebrauchte Kleidung, Matratzen oder Aspirin. Herr Thielöken, Mitarbeiter des Bonner Flüchtlingskommissars, bestätigte auf Anfrage, daß seitens der Uno der Transport von Containern mit solchem Inhalt „eigentlich nicht finanziert werden sollte“. Und er fügte hinzu: „Tatsächlich haben wir das Recht, die Container zu inspizieren, aber in Bremen haben wir bisher noch nicht kontrolliert.“ Auch Harald Schütt von der EVV räumt ein: „Es ist nicht unser Interesse, viel Kleidung zu transportieren. Aber wir akzeptieren natürlich gebrauchte Kleidung.“ Die wird dann zum Teil aussortiert, laut Schütt jedoch nicht nicht so wie in Hamburg, wo in EVV -eigenen Läden die guten Stücke verkauft werden.

Ehemalige Mitarbeiter werfen den Leuten um Harald Schütt ein überholtes entwicklungspolitisches Verständnis vor. Da werden bei Ausbildungszentren oder Volkshochschulen Hacken, Spaten, Krankenfahrstühle oder Billigpumpen bestellt, die Lehrlingsprodukte dann von der Sparkasse oder von 'terre des hommes‘ bezahlt und der EVV zum Transport nach Namibia übergeben. Selbst konservative Organisationen würden heute, anstatt Hacken und Spaten zu spenden,

lieber Anlagen bereitstellen, auf denen das Werkzeug im Land selbst hergestellt werden kann. Horst Müller, ehemaliges EVV -Mitglied, zu den Hilfsgütertransporten: „Da geht jede Menge Schrott runter.“

Vollends läuft die EVV Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn sie - wie zur Zeit - mit der Daimler-Benz -Führung um einen 300.000-Marks-Auftrag für Unimog -Ersatzteile feilscht (Schütt: „Das brauchen die in Namibia“) und sogar eine Druckerei für die Swapo über den von Südafrika besetzten Hafen Walvis Bay vor Namibia transportiert (Schütt: „Es ging nicht anders.“). Das Landesamt für Entwicklungszusamenarbeit des Wirtschaftssenators ist bei der Ausstellungen von Spendenquittungen behilflich.

„Im Grunde will sich die EVV mit solchen Hilfeleistungen für die Swapo unentbehrlich machen und damit die eigene Existenz legitimieren“, sagt eine frühere ABM-Kraft des Vereins, „und der Swapo-Vertreter in Bonn unterschreibt natürlich jedes Papier.“ Mit solchen Papieren („Dear brother Schütt“) weist dann die EVV gegenüber der Uno den Bedarf der Swapo nach. Mittlerweile sind viele aus der EVV ausgestiegen, ABM-Kräfte haben vorzeitig das Handtuch geschmissen. „Die haben das Vokabular der Solidaritätsbewegung, die Praxis eines wirtschaftlichen Unternehmens und den Führungsstil von Patriarchen“, formuliert es ein Ehemaliger. Rainer Kahr