Gericht gegen „Adlers“ Ostmark-Werbung

■ Bisher konnten bei „Adler“ DDR-Besucher ein Drittel in Ost-Mark bezahlen / Gerichtliche Anordnung gegen den Textil-Multi

Supergünstige Angebote gab es für DDR-Besucher in den beiden Berliner Filialen des Textil-Multis „Adler“ wohl nur noch bis heute. Gegen den Konzern (14 Märkte in Westdeutschland, rund eine Milliarde Jahresumsatz), der in Zeitungsanzeigen mit den Worten warb „Adler hilft Besuchern aus der DDR, beim Kauf von Bekleidung haben Sie die Möglichkeit, 30 Prozent Ihrer Einkäufe in Ost-Mark zu bezahlen“, ist eine einstweilige Anordnung erwirkt worden. Die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.“ hatte diese gestern beim Landgericht erreicht, nachdem „Adler“ freiwillig nicht bereit war, Ware nur gegen D-Mark zu verkaufen.

„Wir werden als einzige rausgepickt“, kommentiert Georgia Chimonas vom Kleidungskonzern die Maßnahme des Kontrollvereins, „andere verkaufen 10.000 Kilogramm Bananen eins zu eins, T-Shirts werden an DDR-Bürger verschenkt.“ Wieviel Ost-Mark der Textil-Vogel „Adler“ seit Öffnung der Mauer in seinen Tresoren stapelt, wollte Chimonas aber nicht verraten, nur, daß das Geld vorerst in den Stahlschränken bleiben wird, „weil keiner weiß, was man mit dem Geld anfangen soll“.

Auch der Hertie-Konzern (17 Kaufhäuser) war dabei, „Adlers“ Verkaufmethoden wettbewerbsrechtlich zu prüfen. Überlegungen, den DDR-Kunden Ware für Ost-Mark anzubieten, gab es bei Hertie nicht: „Was sollen wir denn mit dem Geld machen?“ fragt Verkaufsleiter Klaus Engels. Dem Textil-Geier ging es aber weder um kurzfristige Gewinne noch um Hilfe für unsere Brüder und Schwestern. „Image-Werbung, mit der wir potientielle Neukunden kriegen können“, gibt Chamonas ehrlich zu. „Getarnte Werbemaßnahme“, nennt es Irene Marcuk vom Verein gegen unlauteren Wettbewerb. Die einstweilige Anordnung des Wettbewerb-Vereins hat übrigens keine Bedeutung für Geschäfte im Einzelhandel, die DDR-Besuchern vergünstigt Ware anbieten, oder für Kneipen, die Bier im Kurs eins zu eins ausschenken. Der Verein hat „nichts gegen Hilfsmaßnahmen“, aber es sei was anderes, „wenn man als einziges Unternehmen sein Angebot in der Zeitung groß herausstellt und an die große Glocke hängt“, so Marcuk. Die „Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ wird übrigens nur tätig, wenn sich jemand beschwert.

Das „Bekleidungswerk Adler“ war das letzte Mal vor zwei Jahren in den Schlagzeilen, als sogenannte „Amazonen“ Brandanschläge auf „Adler„-Filialen verübten, um auf die Arbeitsbedingungen in der südkoreanischen Niederlassung „Flair Fashion“ aufmerksam zu machen. Zur gleichen Zeit wurden damals den streikenden Arbeitern die Löhne um 20 Prozent erhöht.

Dirk Wildt