...und führe uns in die Demokratie

■ Pfarrer Friedrich Schorlemer vom „Demokratischen Aufbruch“ sieht neue Führungsrolle für die SED

Friedrich Schorlemer, evangelischer Pfarrer in der Martin -Luther-Stadt Wittenberg und führendes Mitglied der Gruppe „Demokratischer Aufbruch“, will dem künftigen DDR -Ministerpräsidenten Hans Modrow eine Chance geben. „Wenn jemand eine Chance hat, das Reformpotential in der SED zu mobilisieren und Vertrauen in der Gesellschaft zu gewinnen, dann Modrow“, sagte Schorlemer in einem Gespräch mit der taz in Ost-Berlin. Die führende Rolle der SED werde in Zukunft darin bestehen, „uns in die Demokratie zu führen“.

Ansonsten hält Schorlemer das Kabinett Modrow für eine „Übergangsregierung“. Zur Zeit allerdings gibt es für ihn keine Alternative, denn die informellen Gruppen sind genauso wie die Sozialdemokratische Partei - „bei allem Engagement überfordert, wenn es um die Kompetenz geht“. Die sieht er eher bei jungen SED-Reformern, über deren formidables Coming-out er ganz erstaunt ist, und bei parteilosen Fachleuten, die vermutlich auf der Ministerliste stehen werden.

Gegenüber einem solchen Kabinett, so meint Schorlemer, müsse die Opposition ihre Rolle neu definieren möglicherweise auch „Abschied vom Begriff 'Opposition‘ nehmen“. Darüber, worin die notwendige Sicherheitspartnerschaft im Militärischen, Ökonomischen und Ökologischen bestehen könne, müsse man jetzt schnell nachdenken - zusammen mit den „brauchbaren“ SEDlern. Und er fügt an: „Wir wollen und wir können unser Land jetzt nicht ohne die SED aufbauen, aber sie muß nicht führen.“

mr