Wie entsteht Ordnung?

■ 125 Jahre Naturwissenschaftlicher Verein / Zwei Ausstellungen

Die Natur, große Bildnerin, hat im Laufe ihres Schaffens vielfältige Formen erzeugt. Schaut man jedoch näher hin, stellt man fest, daß sich in der Vielfalt bestimmte Formelemente wiederholen und variieren. Ob als Jahresring im Stamm eines Baumes, als Wellenbewegung um den Tropfen, der ins Wasser fiel, ob auf der Oberfläche der Schale eines Seeigels oder in der Anordnung der Blütenblätter einer Blume - immer wiederholen sich zwei Gestaltungsprinzipien (und vermischen sich auch, beispielsweise in der so häufigen Spirale): die konzentrische Schichtung und die radiale Reihung. Beide Prinzipien unterliegen einer Regelmäßigkeit, einer Rhythmik, die zur Folge hat, daß man fotografisch oder mittels Computermodell die periodische Bewegung kunterbunte, dekorative Bilder herstellen kann. Und so gewiß man diese Formstrukturen an ganz verschiedenen biologischen, physikalischen oder chemischen Phänomenen wiedertrifft, so ungewiß sind derzeit noch die Gesetzmäßigkeiten, die dieser Formpräferenz der Natur zugrundeliegen. Im Überseemuseum ist nun eine Ausstellung „Natur und Form - Schönheit und Gesetzmäßigkeiten rhythmischer Strukturen“ zu sehen, in der diesen Phänomenen nachgespürt wird, auch wenn man sie noch nicht erklären kann. Großformatige Fotografien, Computer-und mechanische Modelle, elektronenmikroskopische Aufzeichnungen widmen sich den strukturellen Parallelen zwischen den verschiedenartigen Naturphänomenen.

Im Raum nebenan ist der Ausstellungszweck ein anderer: Die Selbstdarstellung des „Naturwissenschaftlichen Vereins“, der heuer seinen 125ten Geburtstag feiert. „Steine - Sanddorn

Sommervögel“ heißt die Ausstellung, die zu einem großen Teil den heutigen Aktivitäten der verschiedenen Unterabteilungen des Vereins gewidmet ist.

Die Naturwissenschaftler haben es lange Jahre nicht leicht gehabt in Bremen. Bis zur Gründung der Universität Anfang der Siebziger gab es keinen Platz für ihre Forschungen, keine Labors und kein Geld. Naturwissenschaftliche Forschung konnte sich also nur auf privatem Engagement begründen, konnte sich nur auf private Initiative vernetzen und hierfür spielte der „Naturwissenschaftliche Verein“ eine entscheidende Rolle. Nicht nur, daß die Sammlungen der „Gesellschaft Museum“, einer 1783 gegründeten privaten wissenschaftlichen Vereinigung, die 1864 zum „Naturwissenschaftlichen Verein“ wurde, den

Grundstock für das damalige „Museum für Natur-, Völker-und Handelskunde“, heute „Überseemuseum“, bildete, der „Naturwissenschaftliche Verein“ ging auch daran, wissenschaftliche Aufsätze zu publizieren. Glanzstück in seiner Publikationsgeschichte ist die „Flora Bremens“, die der zugewanderte Botaniker und Schuldirektor F. Buchenau schrieb. Die Geschichte des Vereins ist dokumentiert mit einigen Schaukästen in denen die verschiedenen Ausgaben der „Flora“ und die Exemplare der vereinseigenen wissenschaftlichen Schriftenreihe ausliegen. Die Gegenwart des Vereins spiegelt sich in Schaukästen, Dioramen, Modellen von einheimischen Insekten, von fossilen Funden und den Pilzen und Flechten der Vegetationsgruppe.

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Überseemuseum, bis zum 18.2.90