Reisekrimis: Alistair McLean: "Eisstation Zebra" / Colin Forbes: "Target 5" / Paula Gosling: "Die Falle im Eis"

Vor ein paar Monaten habe ich an dieser Stelle frech behauptet, daß das literarische Verbrechen sich längst über die ganze verdammte Welt ausgebreitet hätte. Okay, ich nehme das hiermit zurück. Als ich meine gewagte Behauptung aufstellte, habe ich nämlich den gesamten Südpolarkontinent, jene um den Südpol liegenden Land- und Meergebiete schlichtweg übersehen, oder vielleicht auch nur verdrängt. Denn in der Antarktis leben natürlich Menschen, und wo es Menschen gibt, ist auch das Verbrechen zu Hause. Aber leider konnte ich selbst nach intensivster Suche keinen Kriminalroman auftreiben, der in Antarktika spielt. Nun sind Krimis, die im ewigen Eis angesiedelt sind, bestimmt nicht einfach zu schreiben. Ich meine, was verdammt noch mal soll in einer Polarwüste schon groß passieren? Sam Spade könnte einen Eskimo-Killer jagen oder einem kriminellen Eisbären das Handwerk legen. Das wäre vielleicht ganz originell und witzig, aber wohl kaum sonderlich spannend. Der Südpol kann also, was den Krimi angeht, als noch völlig unerforschtes Gebiet bezeichnet werden. Auf der anderen Seite, am Nordpol, wurde ich jedoch fündig. Obwohl die Bücher eher dem Genre des Abenteuer romans zuzurechnen sind, enthalten sie doch starke Elemente des Krimi und vor allem des Spionageromans.

Da wäre zunächst einmal Alistair MacLeans Kalter Krieg -Thriller Eisstation Zebra: Kommandant Swanson bekommt den Befehl mit seinem Atom-U-Boot in die Arktis zu schippern, um die Überlebenden der einsamen Wetterstation Zebra zu retten. Die Wetterfrösche haben einen verzweifelten Notruf abgesetzt, nachdem die Treibeisstation durch einen verheerenden Brand vernichtet wurde. Als Swanson am Nordpol ankommt, ist er überzeugt, daß hier nicht ein tragisches Unglück, sondern ein gemeines Verbrechen geschah, usw. usw. Einige U-Boot- und Eisschollenfreaks werden vieleicht Spaß an dem Buch haben. (Heyne)

Ein wenig raffinierter aber auch nicht sehr überzeugend geht Colin Forbes die Sache an: Keith Beaumont, anglo -kanadischer Arktisspe zialist, erhält vom US-Geheimdienst den Auftrag, das Überlaufen des sowjetischen Ozeanographen Gorov in die Wege zu leiten. Gorov ist im Besitz der strategischen Pläne für das gesamte sowjetische U-Boot-Netz. Irgendwo in den unendlichen Eiswüsten nordöstlich von Grönland gibt es Target 5 (so der Titel des Romans); eine jener schwimmenden Eisinseln, die um den Nordpol treiben und von den Amerikanern wie Sowjets für Forschungs- und Spionagezwecke verwendet werden. Was nun folgt ist dem erfahrenen Krimileser nur allzu bekannt: Mensch gegen Natur. Spion gegen Spion, nichts neues unter der arktischen Sonne. (Heyne)

Wenn es denn unbedingt Eis und Kälte sein müssen, empfehle ich Paula Goslings Kidnapping-Thriller Die Falle im Eis. Der Krimi spielt zwar nicht an einem der beiden Pole, sondern irgendwo in Norwegen, aber es gibt auch hier jede Menge Einsamkeit und immerhin 28 Grad Minus: Ein Flugzeug wird entführt. Kurze Zeit später wird die Maschine auf einem improvisierten Flugplatz entdeckt. Sie ist leer. Die Passagiere, drei Frauen, fünf Männer und ein achtjähriger Junge, scheinen sich in Luft aufgelöst zu haben... (rororo)

Karl Wegmann