Trips in den Osten?

■ Die DDR befürchtet Import westlicher Drogen

Die mangels Todesstreifen und Schießbefehl neuerdings unterbeschäftigten Grenztruppen der DDR werden nicht arbeitslos. Wie die Nachrichtenagentur 'adn‘ meldete, sollen sich die Grenzschützer vor allem an den Übergängen nach West -Berlin verstärkt der Suche nach Drogen widmen. Man befürchtet, daß wegen der neuen Reisefreiheit nicht nur Bananen, Kaffee und Süßigkeiten importiert werden, sondern auch die illegalen Produkte kapitalistischer Dekadenz: auf dem Rückweg der Trips in den Westen könnten Trips, Koks und andere Spezereien kapitalistischer Rauschgiftküchen ins Land kommen. Ebenso will man verhindern, daß die geöffneten Grenzen der DDR internationale Händler dazu einladen, die große Nachfrage in der BRD nun via Ostdeutschland abzuwickeln.

In beiden Punkten indessen dürfen sich die DDR-Offiziellen beruhigen - die Grenztruppen können unbesorgt zu Stadtsanierern in Leipzig umfunktioniert werden. Denn erstens haben sich die Westberliner Dealer nicht, wie vielleicht mancher Kneipenbesitzer, auf den caritativen 1:1 -Deal eingelassen. Auf dem Drogenmarkt gilt derselbe Wechselkurs wie im KaDeWe - da schlägt ein Gramm schlechtes Hasch schon mit 100 Mark Ost zu Buche. Daß bei derlei Horrorpreisen größere Einkäufe stattfinden, ist also mangels Devisen nicht zu erwarten.

Was den zweiten Punkt, die DDR als Drogen-Transit-Land, betrifft, muß sich die neue Führung keine neuen graue Haare wachsen lassen: Das war sie in den 28 Mauerjahren ohnehin. Drogen aller Art waren auf der Insel West-Berlin jederzeit und oft preiswerter verfügbar als in bundesdeutschen Großstädten. Diese trotz Mauer stetig fließende Versorgung jetzt ohne Mauer zu stoppen, wird nicht möglich sein.

Dem Plan, dies zu tun, gebührt auf der ewigen Ineffektivitätshitliste von DDR-Plänen schon jetzt ein Spitzenplatz. Doch das wird die DDR-Polizisten nicht abhalten - genausowenig wie ihre Kollegen der Bundesrepublik: man fahndet und fahndet und fahndet - aber die Nachfrage steigt ständig. Wahrscheinlich muß erst die Polizei privatisiert werden, bevor mal jemand nachrechnet, daß derlei Drogenkrieg unökonomisch ist.

Rolf Achteck