Zuhälter zu vier Jahren Haft verurteilt

■ Staatsanwalt: Mut der Frauen zur Aussage muß belohnt werden / Angeklagter hatte plötzlich Geständnis abgelegt

In einem Prozeß vor dem Hintergrund des Straßenstrichs im Bereich Kurfürstenstraße in Schöneberg verhängte eine Große Strafkammer des Berliner Landgerichts am Montag vier Jahre Haft gegen einen 31jährigen Glaser. Das Urteil lautete auf Zuhälterei, Menschenhandel, Förderung der Prostitution und Nötigung. Der Staatsanwalt hatte fünf Jahre Haft beantragt und betont, daß es sich bei diesem Angeklagten um den maßgeblichen Mann der dortigen Szene handele.

Nach der Methode „Zuckerbot und Peitsche“, formulierte es der Anklagevertreter, habe der Mann Frauen „gnadenlos ausgebeutet“. Er habe Mädchen in Liebesbeziehungen verstrickt, zur Prostitution verleitet und dann in brutalster Form bedroht. Zwei derartige Fälle beschäftigten diesen Prozeß. Die damals 18jährigen Frauen mußten ihren gesamten Verdienst von 300 bis 500 Mark pro Tag bis auf ein geringfügiges Taschengeld beim Angeklagten abliefern. Insgesamt, einschließlich eines weiteren Falles, kassierte der Angeklagte 90.000 Mark.

Als die beiden Frauen mit der Prostitution aufhören wollten, verlangte der Angeklagte Ablösesummen von jeweils rund 20.000 Mark. Nachdem sie sich später entschlossen hatten, zur Polizei zu gehen, seien sie laut Staatsanwalt vom Angeklagten massiv bedroht worden (die taz berichtete). Falls sie die Anzeige nicht zurückziehe, habe ihr der Angeklagte angedroht, „sie würde ohne Kopf herumlaufen“. In einem anderen Fall hatte er eine Prostituierte in einer Discothek mißhandelt. Die Frau war bereits zu Boden geschlagen, als er sie mit Füßen bis zur Bewußtlosigkeit weiter in Gesicht und Körper trat.

Noch im Gerichtssaal habe sich gezeigt, daß ein Klima der Todesangst gegenüber Prostituierten erzeugt werde, die bereit seien, auszupacken. Eine der Zeuginnen, die ihre Beschuldigungen aus diesem Grund zurückgezogen habe, habe ein Bild der bloßen Angst und Hilflosigkeit geboten.

Die Höhe des Strafantrages begründete der Staatsanwalt mit den Worten, „es müsse ein Ausrufezeichen gesetzt werden, dieser Art von Kriminalität Paroli zu bieten“. Auch müsse der Mut dieser Frauen, vor Gericht gegen Zuhälter vom Kaliber des Angeklagten auszusagen, belohnt werden. Der Glaser selbst hatte sich nach sieben Prozeßtagen plötzlich zu einem pauschalen Geständnis entschlossen und erklärt, er wolle in Zukunft ein „solides Leben“ führen.

Einer der Mitangeklagten wurde wegen Zuhälterei zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt. Sein Auto, ein Porsche, wurde als Tatwerkzeug eingezogen. Im Zuhältermilieu übliche Utensilien wie Schlagring, Springmesser und Stahlruten hatte der Mitangeklagte während der Verhandlung als „Urlaubsmitbringsel“ deklariert. Bereits in der vorigen Woche war das Verfahren gegen einen dritten Mann wegen geringer Schuld gegen Zahlung von 3.000 Mark Geldbuße eingestellt worden.

dpa