Emanzipation auf der Piste

■ Auftakt des Ski-Weltcups in Park City/USA / Gleiches Geld für Damen und Herren aus der BRD

München (dpa) - Gleiche Leistung, gleicher Lohn - der Deutsche Skiverband (DSV) hat die Emanzipation auf der Skipiste verwirklicht. Vom Winter 1989/90 an erhalten Damen und Herren für ihre sportlichen Erfolge im Weltcup, bei Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen dieselben Prämien und Verdienstausfallsätze. DSV-Skipool-Manager Heinz Krecek (59), zuständig auch für den Damen-Weltcup beim Internationalen Skiverband (FIS), hatte in zähen Verhandlungen der Skisport-Industrie die finanzielle Gleichstellung der Damen abgerungen.

Frauen gelten noch immer in etlichen Sportarten als nicht so werbewirksam, im Skisport vor allem in Ländern wie Österreich, Italien und Frankreich oder auch in Skandinavien. Nach der Schweiz, wo eine unterschiedliche Bezahlung der Rennläufer schon seit Jahren gesetzlich als „diskriminierend“ wie in anderen Berufen untersagt ist, ist der DSV jetzt der zweite Landesverband, der Damen und Herren gleich-wertig behandelt.

Bisher erhielten die Damen 85 Prozent der Herrensätze. Das schaute in der Praxis so aus: Abfahrtsweltmeister Hansjörg Tauscher erhielt 1989 für WM-Gold 19.800 Mark, Olympiasiegerin Marina Kiehl 1988 für Abfahrtsgold 16.830 Mark. Das Zugeständnis ließ sich die Industrie jedoch honorieren: Künftig gibt es im Weltcup nur noch Prämien bis Rang acht (bisher bis Platz zehn), bei Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen, bei denen die Konkurrenz wegen der auf vier Starter pro Land begrenzten Teilnehmerzahl geringer ist, werden nur noch die Plätze bis sechs (bisher acht) belohnt.

Der Skipool wird mit seinen 72 Firmen für die kommende Saison 1,2 Millionen Mark in bar in den Sportetat des DSV beisteuern. Obwohl es der Sportartikelindustrie nicht so gut ging, hat sich der Betrag um mehr als hunderttausend Mark erhöht. Dazu kommen die Sachaufwendungen für Ausrüstung, über 60 Autos sowie die Prämien für die Erfolge des vorigen WM-Winters und die Verdienstausfallentschädigungen, die anhand der Weltrangliste berechnet werden.

Platz 1 in der Weltrangliste einer Disziplin bringt 39.900 Mark, Rang fünf noch 30.145 Mark, Rang 20 rund 14.400 Mark und Rang 30 noch 8.872 Mark. Startet ein Athlet in mehreren Disziplinen, erhält er für die erste Disziplin den vollen Satz, für die zweite 40, für die dritte 20 und für die vierte 10 Prozent des Basissatzes. Für einen Weltcup-Sieg gibt es 13.200, für einen Weltpokal-Gewinn 15.000 und für den Sieg im Gesamt-Weltcup 17.500 Mark. Für Rennen im Ostblock und in Jugoslawien sind die Sätze um 50 Prozent reduziert. Niedrigere Prämien werden im Europacup, für Deutsche Meisterschaften und für Junioren -Weltmeisterschaften bezahlt.

An Prämien schüttete die Industrie für den WM-Winter für 21 Damen und 18 Herren zusammen 303.000 Mark aus. Das sind über 13.000 Mark weniger als in der vergangenen Saison und 100.000 Mark weniger als für den Winter 86/87. Würde man die Prämien als einziges Maß für Spitzenleistungen betrachten, wäre ein Rückgang vor allem im Weltcup ablesbar.

An die Spitze der Gehaltsliste (Verdienstausfallentschädigung) hat sich Michaela Gerg gesetzt. Sie ist als einzige in drei Disziplinen (Abfahrt Rang 4, Super-G 7., Riesenslalom 12.) in der Spitzengruppe und hat mit 47.500 Mark den jahrelang führenden Markus Wasmeier (Abfahrt 11., SG 5., RS 25.), der von 46.000 auf 41.000 Mark zurückfiel, übertrumpft.

Insgesamt werden für 1989 als Verdienstausfall 512.000 Mark (Vorjahr 523.000 Mark) aufgebracht. Darin teilen sich 18 Damen (297.000 Mark) und 14 Herren (216.000 Mark). Zusammengerechnet exakt die Summe, die Steffi Graf als Prämie für ihren Wimbledonsieg (513.000 Mark) erhielt. Aufgebracht werden Prämien und Verdienstausfall von den Ski -, Skischuh-, Skibindungs-, Skistock- und Brillenherstellern.

Die nordischen Skisportler erhalten Sporthilfe, aber keinen Verdienstausfall von der Industrie. WM-Gold würde im Langlauf mit 15.000 Mark honoriert, ein Weltcup-Sieg mit 5.000 Mark, in der Nordischen Kombination und im Biathlon gibt es für einen Erfolg im Weltcup 3.500 Mark, für den Gesamt-Weltcup 4.900 Mark. Am ärmsten sind die Springer dran: Die meisten Sprungski müssen gekauft werden. Da die Sprungski-Hersteller nicht mehr im Pool sind, mußten die Springer eigene Verträge aushandeln.

Herbert Bögel