U-Boote wieder aufgetaucht

BRD zum erstenmal von der UNO-Vollversammlung verurteilt / Verletzung des UNO-Waffenembargos gegen Südafrika durch Lieferung von U-Boot-Plänen  ■  Von Andreas Zumach

New York/Genf (taz) - Trotz massivem Druck Bonns auf zahlreiche Staaten ist die Bundesrepublik Deutschland zum erstenmal seit Beginn ihrer UNO-Mitgliedschaft im Jahre 1973 vom höchsten Gremium der Vereinten Nationen namentlich verurteilt worden. In einer in der Nacht zum Donnerstag mit 106 gegen 17 Stimmen bei 26 Enthaltungen beschlossenen Resolution zu Verletzungen des UNO-Waffenembargos gegen Südafrika kritisierte die in New York tagende UNO -Vollversammlung „zwei in der Bundesrepublik ansässige Firmen“ wegen der „Lieferung von Plänen für den Bau von U -Booten und anderem damit zusammenhängenden Militärgerät“ an den Apartheidstaat. Die Bundesregierung wird „aufgefordert“, die beiden Firmen - die regierungseigenen Kieler Howaldtwerke und das Ingenieurbüro in Lübeck - gerichtlich zu verfolgen.

Die führende Rolle der beiden Unternehmen beim 1986 aufgeflogenen illegalen U-Bootgeschäft mit Südafrika wurde inzwischen durch beharrliche Recherchen vor allem der Bundestagsabgeordneten Uschi Eid (Grüne) und Norbert Gansel (SPD) sowie zum Teil durch die bisherige Arbeit von Untersuchungsausschüssen im Bundestag wie im Kieler Landtag weitgehend offengelegt. Dennoch hat die Bonner Koalition eine Strafverfolgung nach dem Außenwirtschaftsgesetz bislang immer abgelehnt. Die dafür erforderliche „erhebliche außenpolitische Störung“ liege nicht vor, heißt es zur Begründung in einem Gutachten der Regierung. Bonn müsse dieses Gutachten „zurückziehen“, forderte Norbert Gansel gestern. Die Kieler Staatsanwaltschaft müsse jetzt „von sich aus nicht nur gegen die Firmen, sondern auch gegen Mitglieder der Bundesregierung ermitteln“, erklärte er gegenüber der taz. Die Geschäftsführerin der Anti-Apartheid -Bewegung (AAB), Ingeborg Wick, forderte die Verfolgung vorliegender Strafanzeigen der AAB wie der Grünen gegen die (Ex)-Minister Stoltenberg und Bangemann wegen ihrer Rolle bei der Anbahnung des Geschäfts. Außerdem müßten die „nachweislichen Falschaussagen von Bundeskanzler Kohl“ aufgeklärt sowie dem Untersuchungsausschuß volle Einsicht in die Firmenakten gewährt werden.

Kohls Aussage vor dem Ausschuß im Februar 1987, erst nachträglich von dem U-Bootgeschäft erfahren zu haben, war durch einen später aufgetauchten Brief des verstorbenen CSU -Vorsitzenden Strauß erschüttert worden. Der Ausschuß ist derzeit durch die Koalitionsmehrheit blockiert. Dagegen ist eine Klage von SPD und Grünen beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Gansel erwartet, daß der UNO-Beschluß seine Wirkung auf das BVerfG haben werde. Er schloß die Möglichkeit nicht aus, auch Außenminister Genscher zur Klärung seiner Rolle erneut vor den U-Bootausschuß zu laden.

Die UNO-Resolution zur Verletzung des Waffenembargos gegen Südafrika nennt die BRD in einem Atemzug mit Chile und Israel, das das Waffenembargo erklärtermaßen nicht anerkennt und atomare Technologie an Pretoria lieferte. Der Abstimmung waren massive Versuche Bonns vorausgegangen, eine namentliche Erwähnung der BRD zu verhindern. Staaten, die sich Hoffnung auf bundesdeutsche Entwicklungshilfe machen bzw. an der Fortführung wirtschaftlicher Zusammenarbeit interessiert sind, wurden erfolgreich dazu bewegt, ihre Unterschrift als Antragsteller der Resolution zurückzuziehen. Dazu gehören Nicaragua, Malaysia, Indonesien, Indien, Weißrußland, die Ukraine und die DDR.

Die New Yorker BRD-Delegation setzte zunächst durch, daß aus dem ersten, von rund zwei Dutzend „Drittwelt„-Staaten eingebrachten Entwurf der Resolution die Formulierung herausgestrichen wurde, Bonn habe das U-Bootgeschäft „erlaubt“. Dafür wurde die Forderung nach gerichtlicher Verfolgung der Firmen hereingenommen. Mit 45 gegen 53 Stimmen scheiterte ein Versuch der Bonner Diplomaten, die BRD-Passage ganz aus der Resolution herauszustreichen. Der für Apartheidfragen zuständige Berichterstatter der UNO -Vollversammlung, der Sambier Peter Zuze, bezeichnete den schließlich verabschiedeten Text als „das äußerste Minimum“. Bonns Botschafter Hans-Otto Bräutigam nannte die Erwähnung der BRD hingegen „willkürlich und ungerechtfertigt“. Gast-Kommentar auf Seite 8