Der lange Arm der Bundeswehr

■ Bremer wollte seinen LKW einfach verkaufen / Militär hat Rechte an privatem Wagenpark

Gestern stand der Bremer LKW-Besitzer Wolfgang W. vor dem Amtsrichter. Er sollte 130 Mark Bußgeld bezahlen, weil er seinen LKW verkauft hatte, ohne das dem Kreiswehrersatzamt zu melden.

Im Frühjahr 1988, vier Wo

chen nach dem Kauf des Wagens, hatte W. Post vom Kreiswehrersatzamt bekommen. In diesem „Bereitstellungsbescheid“ machte die Behörde den stolzen Besitzer darauf aufmerksam, daß die Bundeswehr für den Kriegsfall ein verschärftes Auge auf seine Neuanschaffung geworfen habe. Im Klartext: Der nächste Krieg könne nur mit W.s Vehikel gewonnen werden.

W. kümmerte sich nicht weiter um die Angelegenheit, weil der Brief keinerlei Verpflichtung festlegte. Nur im „Kleingedruckten“ war eine Fußangel ausgelegt: Wenn der LKW seinen Besitzer wechseln sollte, müsse dies unverzüglich dem Bundesamt gemeldet werden. Im Beamtendeutsch ist das die „Verpflichtung zur Veräußerungsanzeige.“

Daran dachte W. nicht mehr, als er den Wagen im Februar diesen Jahres verkaufte. Prompt kam die Quittung: Er habe gegen das Kleingedruckte verstoßen und müsse deshalb ein Verwarnungsgeld von 30 Mark bezahlen. Als die Verwarnung kam, war er mit seinem Wohnwagen in Östereich, und als er nach vier Wochen wiederkam, lag auch noch ein Bußgeldbescheid über 130 Mark im Briefkasten. Grund: W. habe das Verwarnungsgeld nicht bezahlt. W. rief daraufhin beim Kreiswehrersatzamt an und erläuterte seinen „Fall“. Daß er den Verkauf

seines Lastwagens nicht ordnungsgemäß gemeldet hatte, sah er noch ein, daß er aber einen Bußgeld in Höhe von 130 Mark löhnen sollte, daß stieß ihm übel auf. Doch das Kreiswehrersatzamt stellte sich stur und W. legte über einen Anwalt Einspruch gegen das Bußgeld ein.

Jede Neuanmeldung eines Autos wird in der Flensburger Zentralkartei des Kraftfahr-Bunde

samtes registriert. Im „Bundes leistungsgesetz“ ist festgelegt, daß die Bundeswehr in besonderen Fällen den sofortigen Zugriff über bestimmte Autos bekommt. Diese Autos, die in der „Stärke-und Ausrüstungsnachweisung“ (STAN) vom Militär festgelegt sind, werden per Datenabgleich in Flensburg angefragt. Bei Übereinstimmung des angeforderten Modells mit einer Neuanmeldung (Wer will schon mit einem alten Auto in den Krieg fahren?) in wandern die Besitzer in die Kartei des zuständigen Wehrkreises und bekommen dann über die Kreiswehrersatzämter die „Bereitstellungsbescheide“. Der Bund hat so etwa 170.000 Autos, die er nicht bezahlen und unterhalten muß, die ihm aber sofort zur Verfügung stehen.

mad