Krimis: Friedrich Nesnanskij "Drogen für den Kreml"

Bei sowjetischen Krimi-Autoren war ich immer sehr skeptisch. Im Vergleich zum westlichen Krimi ist der sowjetische in der Regel weniger spannend. Fast immer das gleiche Strickmuster: die Polizei, das Militär, die Grenzwächter und alle, welche Augen und Ohren gegen westliche Spitzel offenhalten sind die Helden und müssen gelobt werden. Inzwischen gibt es aber einige Autoren, die sich über diese Tabus hinwegsetzen. Sie schreiben Thriller, die, was Spannung, Objektivität und Realismus angehen, den besten westlichen Autoren in nichts nachstehen. Einer dieser Schreiber ist Friedrich Nesnanskij. Er wurde 1932 in Südrußland geboren, studierte Jura und arbeitete 23 Jahre lang als Untersuchungsrichter in verschiedenen Städten der UdSSR. Von 1964 bis 67 gehörte er dem Moskauer Institut zur Erforschung der Kriminalität an. Ende der 70er Jahre wanderte er in die USA aus, heute lebt er in Frankfurt/M. Unter dem Pseudonym Alexander Nemow schrieb er drei Romane, wovon Geschäfte in Baku (1983) ein internationaler Bestseller wurde. Sein letztes Buch heißt Operacija 'Faust'. Leider hat der deutsche Übersetzer daraus Drogen für den Kreml gemacht und damit einen Teil der Geschichte vorweggenommen.

Während der Einweihung eines neuen Streckenabschnitts der Moskauer U-Bahn explodiert eine Bombe. Hat sie vielleicht dem neuen Kreml-Chef Gorbatschow gegolten, der zu den Feierlichkeiten erwartet wurde? Durchaus möglich, denn einigen alten Genossen ist der neue „junge Mann“ an der Spitze gar nicht sympathisch. Kurz darauf wird die junge Studentin Kim Lagina, die gerade ein Praktikum bei der Staatsanwaltschaft absolviert, in ihrer Wohnung überfallen und erstochen. Auf den ersten Blick haben die beiden Verbrechen nichts miteinander zu tun. Doch Untersuchungsrichter Turezkij stößt bei seinen Ermittlungen in beiden Fällen auf den Namen „Faust“, und in beide Verbrechen scheinen Soldaten der Roten Armee verwickelt zu sein. Turezkij muß sich also nicht nur mit der trägen sowjetischen Bürokratie herumschlagen, sondern er legt sich auch mit den immer noch mächtigen und gefährlichen Militärs an. Die Spur führt bis nach Afghanistan und dort direkt in die Giftküche der Drogenkocher. (Scherz)

Karl Wegmann