Das skeptische Fräulein Schmetterling

■ Zwölf verbotene DDR-Filme werden wiederaufgeführt

Zwölf seit den sechziger Jahren verbotene Spielfilme sollen im Lauf des nächsten Jahres in großem Maßstab in die DDR -Kinos und danach ins DDR-Fernsehen kommen. Das kündigte Horst Pehnert, stellvertretender DDR-Kulturminister, bei einem Pressegespräch in Ostberlin am Donnerstag an. Darunter sind die Filme Spur der Steine von Frank Beyer (1966), der seit Donnerstag wieder in DDR-Kinos läuft, und Kurt Maetzigs Das Kaninchen bin ich (1965). Alle zwölf Filme, die zum großen Teil nur in Arbeitsfassungen vorliegen und noch nie öffentlich gezeigt wurden, sind nach dem 11. Plenum des ZK der SED 1965 verboten worden. „Es müssen Ursachen ergründet werden, damit sich Ähnliches nicht wiederholt“, sagte Pehnert. Beim 11. Plenum waren Künstler, die des „Pessimismus“ oder „Skeptizismus“ verdächtig waren, auf Initiative des damaligen ZK-Beauftragten für Jugend, Kultur und Sport, Erich Honecker, zensiert und in ihrer weiteren Arbeit behindert worden. Christa Wolf, die für einen der bald wiederzusehenden Filme (Fräulein Schmetterling) das Drehbuch geschrieben hatte, verlor bei diesem Plenum ihren Sitz im ZK.

„Warum wurden diese Filme 23 Jahre lang verboten“, fragte Regisseur Frank Beyer (Nackt unter Wölfen, Der Bruch) in seinem Redebeitrag bei dem Pressegespräch. Er analysierte den Stalinismus der DDR-Politik als eine „Täter -Opfer-Beziehung“. Alle waren Täter und Opfer zugleich, „bis auf einen, der große Conducator“. Bei der Aufzählung all der Freunde, die in den Westen gingen, um diesen Stalinismus hinter sich zu lassen, brach Beyer in Tränen aus. Die Rede muße zuende verlesen werden. (Wir werden versuchen, sie in den nächsten Tagen zu dokumentieren.)

Der Vorsitzende der „Kommission zur Untersuchung der Vorgänge um verbotene und zurückgezogene DEFA- und Fernsehfilme beim Vorstand des Verbandes der Film- und Fernsehschaffenden der DDR“, Rolf Richter, kündigte an, daß die Verbote und Entlassungen von 1965 ausführlich dokumentiert werden. Pehnert versprach am Ende des Gesprächs, daß diese Dokumentation auch am Papiermangel in der DDR nicht scheitern würde.

thc