Trinkwasser unter EG-Niveau

■ Pestizidwerte im Trinkwasser übersteigen erheblich EG-Höchstwerte / „Öko-Test“: Pestizide krebserregend

Bonn (ap/dpa) - Die Wasserwirtschaft hat den Politikern Untätigkeit bei der Umsetzung der neuen EG-Richtlinie für Höchstwerte von Pflanzenschutzmitteln in Trinkwasser vorgeworfen. Obwohl seit sechs Wochen höchstens ein zehnmillionstel Gramm eines Pestizids pro Liter Trinkwasser vorhanden sein dürfe, sei nichts oder kaum etwas passiert, stärker verschmutzte Bestände zu sanieren, sagte der Sprecher des Bundesverbands der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, Wieland Kramer, gestern in Bonn.

Das Frankfurter „Öko-Test-Magazin“ wies bei einer bundesweiten Untersuchung in sechs Proben höhere Werte bei den Unkrautvernichtern Triazinen nach.

Kramer hielt den Politikern vor, seit Inkrafttreten der Richtlinie am 1.Oktober zur Tagesordnung übergegangen zu sein und nicht dafür gesorgt zu haben, daß in den Fällen von Grenzwertüberschreitungen die angekündigten Sanierungsmaßnahmen schnellstmöglich durchgeführt werden. Auch werde nichts getan, den Eintrag an Pflanzenschutzmitteln zu vermindern. Kramer befürchtet sogar, daß künftig EG-weit die Pestizidzulassung noch vereinfacht wird und auch weitgehend von der Angebotspalette verschwundene Mittel wie das Mais-Herbizid Atrazin und das Bodenentseuchungsmittel Dichlorpropen wieder eingesetzt werden können.

Das „Öko-Test-Magazin“ untersuchte bundesweit in 325 Dörfern und Städten das Trinkwasser direkt in den Privathaushalten. Dabei wurden in sechs Fällen mehr als 0,1 Mikrogramm Triazine pro Liter nachgewiesen, erklärte „Öko -Test„-Redakteurin Edda Greiner-Schuster am Freitag in Bonn. Pesitizide gelten nach Darstellung des Magazins als krebserregend. 49 Wasserproben seien über den EG-Richtwert hinaus mit mehr als 25 Milligramm (tausendstel Gramm) Nitrat belastet gewesen.

Regionale Schwerpunkte der Belastung mit Pestiziden sind danach das Münsterland, alle Orte entlang des Rheins, die fränkische und pfälzische Jura und die Schotterebene um München. Der höchste Pestizidwert wurde im bayerischen Hemau gemessen (0,31 Mikrogramm Atrazin), der höchste Nitratwert in Wörth/Donau (66 Milligramm). Das Magazin empfiehlt, bei Nitratwerten über 25 Milligramm und dem Nachweis von Pestiziden die Babynahrung auf unbelastetes Mineralwasser umzustellen.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte zeitlich befristete Ausnahmegenehmigungen nur unter der Bedingung eingeräumt, daß sofort alles unternommen wird, daß weniger Pestizide ins Trinkwasser kommen.